Fender Champ

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MonacoFranke
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Fender Champ

Beitrag von MonacoFranke » Sonntag 22. März 2015, 19:22

Schönen guten Abend,

ich möchte hier anschließen an den Thread von Deluxeplayer zum Champion 600 und mit dem Champ fortfahren:

Der Tweed Fender Champ ist nicht zuletzt dank seiner einfachen Schaltung einer der einseitigsten, aber zugleich großartigsten Verstärker von Fender und sein einmaliger Sound ist auf unzähligen, teils legendären Studioaufnahmen verewigt. Genannt werden hier regelmäßig die Klassiker „Layla“ von Derek And The Dominos, „La Grange“ von ZZ Top und „Rocky Mountain Way“ von Joe Walsh / The Eagles. Auch die Rolling Stones sollen den Champ regelmäßig im Aufnahmestudio verwendet haben.

Vorgänger waren der von Fender im Jahr 1948 eingeführte "Champion 800" (mit 8" Lautsprecher, 4 Watt, nur einem Volumenregler, grünlichem Tweedbezug und einer rötlich-violetten Stoffabdeckung für den Lautsprecher), der nur ein Jahr später von dem "Champion 600" (6" Lautsprecher) mit der Schaltung 5B1 abgelöst wurde. Der 3-Watt-Verstärker hatte eine sogenannte "TV Front" (weil die Form der Frontbespannung an einen alten Fernsehbildschirm erinnerte) und einem zweifarbigen blond-braunen Vinylbezug („Naugahyde“).

1953 änderte Fender die Form zu dem sogenannten "Wide Panel" (der seitliche Rahmen der Front wurde verkleinert). Der Champ erhielt einen Tweedbezug und reihte sich damit auch optisch in die Modelllinie von Fender ein. Tweed galt damals z.B. auch im Kofferbau als besonders strapazierfähiges Bezugsmaterial. Die Schaltung wurde ebenfalls geändert in 5C1 ("5" für die 1950er Jahre, "C" die dritte Baureihe, und "1" für den kleinsten Verstärker der Tweedserie von Fender). In dem Schaltkreis (5C1) befand sich neben der Gleichrichterröhre eine 6SJ7 Vorstufenröhre und eine einzelne 6V6 Endstufenröhre sowie ein Volumenregler.

1955 brachte Fender die "Narrow Panel" Tweedverstärker auf den Markt, die über eine sogenannte oxblood-farbene Frontbespannung aus Kunststofffaden bestand. Der Champ führte zunächst die Modellbezeichnung 5E1 und anschließend 5F1. Etwas Verwirrung stiftet die Tatsache, dass Fender den Champ zwischendurch mit 6"-Lautsprechern ausstattete, später jedoch wieder zu 8"-Lautsprechern wechselte. Wie ich hier noch zeigen möchte, lässt sich diese Phase jedoch nicht einfach auf das Jahr 1957 beschränken. Einerseits finden sich bereits seit 1956 Champs mit der 5F1-Schaltung, andererseits wurden auch 1957 bereits 8"-Lautsprecher verbaut und nicht erst mit Beginn des Jahres 1958 – ein weitverbreiteter Irrtum. Die beiden Schaltungen 5E1 und 5F1 verfügen über eine 12AX7-Vorstufenröhre und eine 6V6GT Endstufenröhre, die etwa 5 Watt Ausgangsleistung produziert. Champs dieser Zeit können relativ einfach datiert werden über das Kürzel auf dem Tube Chart (einem Papieretikett im Innern des Verstärkers, das Aufschluss über Hersteller, Schaltung und Röhrenbestückung gibt), über den Code des Lautsprechers und die Seriennummer auf dem Chassis (bzw. zusätzlich auf dem Tube Chart).

Der 5F1 Tweed Champ wurde von Fender noch bis 1964 hergestellt und anschließend vom "Blackface" Champ abgelöst. Da Leo Fender nichts liegen oder wegwerfen ließ, wurden in einer kurzen Übergangsphase noch 5F1 Champs in alte Holzgehäuse verbaut und mit dem bereits neuen schwarzen Vinyl der „Blackface“-Ära überzogen (sog. „Transition“). Das noch strapazierfähigere Vinyl löste Tweed endgültig ab und damit endete auch die Zeit der Tweed Champs. Der Champ selbst behauptete sich noch bis zur Silverface-Ära und wurde nach einer kurzen Wiederbelebung der Blackfaces 1982 endgültig eingestellt.

Fender brachte später zwei Reissues heraus: Einmal den Champion 600 (2006) und zum anderen den handverdrahteten und deutlich teureren Tweed Champ 1957 RI (2009).

In einem der nächsten Beiträge möchte ich einen originalen Champ von 1957 vorstellen und mit dem Reissue von 2009 vergleichen.

Anmerkungen, Kommentare, Erfahrungsberichte und weitere Beiträge sind selbstverständlich wie immer herzlich willkommen!

Beste Grüße
Frank
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Re: Fender Champ

Beitrag von Wizard » Sonntag 22. März 2015, 21:49

Toller Beitrag! Bild
Bin ja seit Jahren begeisterter Besitzer eines Fender Tweed Champ 1957 RI. Bin immer schon ganz großer Tweed Amp Fan gewesen.
Mein Tweedy (mein einziger Amp mit Namen :mrgreen: ) klingt für mich phänomenal - und zwar mit Les Paul, Strat, Tele und SG und wahrscheinlich
auch mit sonstwas.
Wenn der Amp mich nicht verlässt, ich werde ihn nicht verlassen. Meine anderen Amps mag ich, diesen lieb ich :boing01:
Gruß Peter

immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<

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Deluxeplayer
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Re: Fender Champ

Beitrag von Deluxeplayer » Montag 23. März 2015, 16:44

Hi!

Ja, ein sehr schöner Beitrag!

Ich dachte mir, ein bisschen FARBE würde ihm vielleicht noch gut tun ;)

Bild


Ich freue mich schon auf den angekündigten Vergleich!

LG - C.

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MonacoFranke
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Re: Fender Champ

Beitrag von MonacoFranke » Montag 23. März 2015, 19:10

Hier habe ich nun ein ganz interessantes Exemplar eines Champs hereinbekommen, das bis auf ein Detail noch wirklich im Originalzustand ist. Das zweiadrige wurde aus Sicherheitsgründen gegen ein dreiadriges Netzkabel gewechselt. Die Kondensatoren und der Lautsprecher sind hingegen ebenso wie der Handgriff (selten!) original.

Laut Tube Chart stammt der Verstärker mit der 5F1- Schaltung vom Dezember 1957 („G“ = 1957, „L“ = Dezember). Der 8"-Lautsprecher von Oxford lässt ebenfalls auf eine Datierung auf das Jahr 1957 schließen. Von daher ist der (zweifache) Irrtum widerlegt, das Champs der 5F1-Reihe mit 8"-Lautsprecher von Fender erst 1958 hergestellt und vertrieben wurden. Es lassen sich im Gegenteil auch ältere 5F1-Exemplare (bis zur Mitte des Jahres 1957) mit entsprechenden Kennzeichen finden. Eine Änderung hat sich aber wohl erst im Jahre 1958 vollzogen: Die im Chassis eingestanzte Seriennummer wanderte von der Unterseite (neben dem Sockel der Vorstufenröhre) auf die Oberseite (unter die Halterung für die Sicherung). Dies zeigt jedoch, dass der Wechsel vom Schaltkreis (von 5E1 auf 5F1) nicht zeitgleich mit der Neuverortung der gestanzten Seriennummer auf der Chassisoberseite stattfand, sondern zeitlich auseinanderfällt. Worauf diese Veränderung zurückzuführen ist, ist letztlich unklar. Einige meinen, dass die auf der Oberseite ablesbare Seriennummer die Inventarisierung erleichtert habe.


Hier noch die Bilder zu dem Verstärker:

Bild

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Re: Fender Champ

Beitrag von partscaster » Montag 23. März 2015, 20:39

Die sind ja schön süß, die kleinen Racker. :mrgreen:

Schade, dass Fender so ne kleine Kiste nicht für kleines (angemessenes) Geld im Programm hat. Der EC Vibro Champ ist A) durchs Tremolo verwässert und B) unverschämt teuer.

Ich finde sowieso, dass es viel zu wenig absolut puristische Einkanaler abseits der Boutique-Schiene gibt!!

Grüße
Michael

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Re: Fender Champ

Beitrag von Deluxeplayer » Montag 23. März 2015, 21:29

Hi!
partscaster hat geschrieben:...Ich finde sowieso, dass es viel zu wenig absolut puristische Einkanaler abseits der Boutique-Schiene gibt!...
Naja, wenn man sich ein bisschen umschaut, findet man schon eine ganze Reihe von - relativ günstigen - Angeboten.
Tatsächlich hört man in anderen Foren auch öfter mal Klagen es gäbe zu viele von diesen "Tischhupen" ;)

Fender (Gretsch), Marshall, Ampeg, Traynor, Vox, Crate, Epiphone, Blackheart, Palmer, VHT, Bugera, Fame - das sind nur die, die mir sponan einfallen, und da gibt´s bestimmt noch ´ne ganze Reihe mehr ;)

LG - C.
Zuletzt geändert von Deluxeplayer am Montag 23. März 2015, 21:44, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Fender Champ

Beitrag von telly45 » Montag 23. März 2015, 21:41

partscaster hat geschrieben:...

Ich finde sowieso, dass es viel zu wenig absolut puristische Einkanaler abseits der Boutique-Schiene gibt!!

Grüße
Michael
Palmer Fab 5, absolut geiler Blues-Rock-Amp, für einen freundlichen Kurs. Guckst du

[youtube]http://youtu.be/0QRVUSa4-vo[/youtube]
Gruß Rainer

partscaster
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Re: Fender Champ

Beitrag von partscaster » Montag 23. März 2015, 22:14

Deluxeplayer hat geschrieben:
Fender (Gretsch), Marshall, Ampeg, Traynor, Vox, Crate, Epiphone, Blackheart, Palmer, VHT, Bugera, Fame - das sind nur die, die mir sponan einfallen, und da gibt´s bestimmt noch ´ne ganze Reihe mehr ;)

LG - C.
Die meisten sind aber leider tatsächlich eher Tischhupen. :cry:

@telly45: Der Palmer ist tatsächlich interessant. :thumbsup03:

Grüße
Michael

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Re: Fender Champ

Beitrag von Deluxeplayer » Dienstag 24. März 2015, 08:50

Hi!

Ja, der Palmer klingt schon ziemlich gut in dem Video!

Bei den "Tischhupen" geht es halt darum, was man damit machen möchte.
Je nach dem ist es ja von Vorteil wenn sie klein und leise sind, und eben nicht so voluminös klingen...

Aber egal - zurück zum TWEED CHAMP :thumbsup03:

Ich hatte mehrere Jahre lang ein ´61er Modell in sehr gutem Zustand - allerdings hatte er schon einen gewechselten Ausgangstrafo (aus einem ´64er Champ) und einen anderen Speaker als ich ihn bekam...
Was mich von Anfang an beeindruckte, war die Lebendigkeit und Fülle des Klangs - egal ob laut oder leise, er klang einfach immer gut.

Mit den Jahren habe ich ihn aber einfach (aus praktischen Gründen) zu selten gespielt und habe ihn schliesslich an einen glücklichen neuen Besitzer in der Schweiz verkauft.
Bei einem späteren Vergleich mit einem anderen Tweed Champ stellte ich fest, dass mein Modell wohl irgendwie "speziell" war, weil er nicht SO viel Overdrive hatte wie der andere Champ - und auch weniger als ich gerne gehabt hätte...
Manchmal vermisse ich ihn noch, aber ich habe jetzt einen Tweed Deluxe (Clone) und mit dem bin ich eigentlich glücklicher ;)

Hier gibt es einen kleinen Ausschnitt aus einer Aufnahme die ich mit unserer ROCK-Band und meinem Tweed-Champ gemacht habe - die eine Gitarre ohne, die Lead-Gitarre mit einem Overdrive-Pedal davor:

http://www.soundclick.com/bands/page_so ... D=11346775


LG - C.


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Re: Fender Champ

Beitrag von MonacoFranke » Donnerstag 9. April 2015, 19:06

Hier jetzt die Fortsetzung eines kleinen Vergleichs zwischen einem originalen Fender Champ (Bilder siehe oben) und dem Reissue von Fender.

Zunächst zur Hardware:

Der Fender Champ von 1957 hat keinen Ein/Aus-Schalter, sondern er wird über den Volume-Poti eingeschalten. Diese Prinzip kannte ich von einem alten Fender 1948er Deluxe Amp (dort schaltet man den Verstärker allerdings über den Tone-Regler ein und aus). Außerdem hat der alte Champ die Sicherungshalterung neben dem roten Licht.

Der Fender Champ 1957 Reissue hat dagegen den bekannten Toggle-Switch zum Ein/Ausschalten, und zwar an der Stelle, an der beim Original die Halterung für die Sicherung sitzt.

Größenmäßig sind sie nahezu identisch. Ein lustiges Detail findet sich beim Schriftzug auf der Frontseite. Beim alten Champ steht da "7ender" und darunter in kleiner Schrift "Fullerton, California"; beim Reissue dagegen unter dem "7ender": "Corona, California". Außerdem hat man dem Reissue - offenbar aus Sicherheitsgründen - einen schwarzen Korb vor die Röhren (Endstufe und Gleichrichter) gesetzt. Zumindest an die Vorstufe kommt man ran, ohne den Korb abzumontieren.

In dem originalen Champ ist ein kleiner 8" Oxford-Lautsprecher, der Reissue hat einen 8" Weber-Lautsprecher.


Und nun zum Tone:

Zunächst muss man feststellen, dass beide Verstärker bis Volume 7 sehr nahe beieinander liegen. Für die Wohnung ist das bereits definitiv zu laut. Ich habe es trotzdem mal versucht, in einem kleinen, spontanen Instrumentalstück einzufangen:

https://soundcloud.com/monacofranke/der ... ann-kommen

So ab Volume 8 finde ich den alten Champ einen Tick runder, der Reissue klingt da noch etwas neuer ("industrieieller"). Das dürfte vor allem an den Lautsprechern liegen und sich mit dem Einspielen des Webers im Lauf der Zeit ändern. Der Oxford-Speaker in dem alten Champ ist bei weitem nicht mehr so kraftvoll wie der Weber-Speaker im Reissue, was sich auch in einem Lautstärkeunterschied bei sonst identischer Volumeeinstellung zeigt. Weitere Ursache für den klanglichen Unterschied könnte auch das Gehäuse sein. Außerdem könnte der Reissue etwas "heißer" eingestellt sein; ich kann mich erinnern, dass ich einmal vor Jahren eine gute alte RCA 6V6GT bei Volume 12 durchgebracht habe.

Soweit erstmal mein Vergleich.

Beste Grüße
Frank
Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.

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