Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

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Batz Benzer
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Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von Batz Benzer » Dienstag 6. September 2016, 19:22

Seinerzeit, also als ich noch jung und nicht nur schön war, gab es bei uns in der Band diese Legende, dass unsere kleine 3-Mann-Formation unter einem schwarzen Stern stünde: Alles, was schief laufen konnte, lief Spinal Tap-mäßig schief. Immer. Grundsätzlich, Naturgesetz. Machste nix.

Tja, und jetzt habe ich einen Verstärker namens "Blackstar" und frage mich, ob mit einem solchen Aggregat damals alles ganz anders gekommen wäre, von wegen "Minus mal Minus ergibt Plus"...? - Egal: Wat fott es, es fott!

15 Jahre später steht vor mir solch ein Blackstar-Amp, und zwar der HT-1 mit Hall, wofür das "R" im Namen steht. Wichtig, dies zu erwähnen, da es den Amp auch ohne den Digitalhall gibt; dann ist er preiswerter, aber auch etwas unbeliebter.

Bild

Umso schöner, dass der Verkäufer dieses Mini-Combos vergessen hatte, das "R" zu erwähnen; so wurde es dann regelrecht günstig... :mrgreen:

Heute isser dann endlich angekommen, der Kampfzwerg: Und obgleich ist wusste, wie groß der Amp sein wird, wundere ich mich dennoch, was für ein Winzling da vor mir steht.

Allerdings relativiert sich dieser erste optische Eindruck mit der Haptik: Eher schwerer als man vermuten würde, die Verarbeitung wirkt nahezu edel, nur die kleinen Potis und vielleicht das etwas wellig mit schwarzem Plastik unterlegte Bedienfeld verraten ansatzweise das tatsächliche Budget; der Leder ähnliche Bezug wie Griff trumpfen wiederum mondän auf.

Ein Celestion-8"-Speaker steckt im geschlossenen Gehäuse, rückseitig lassen sich Strom- wie Boxenkabel für ein externes Cabinet (8-16 Ohm) anschließen; dies habe ich dann auch gleich mal mit meiner 2x12" gemacht.

Das Bedienfeld wartet mit einem Input, Gain, Kanalumschalter, Master-Volumen, ISF-Klangregler und Hallpoti auf; rechts gibt es noch den On/Off-Switch nebst roter Kontrolleuchte.

Mehr hat er nicht, und mehr braucht es im Rahmen dieses Konzepts auch nicht; widmen wir uns seinen klanglichen Fähigkeiten:

Eines gleich vorweg: Ja, er kann Clean wie Britzel, und beides mit der Strat auch überzeugend. Seine wahre Stärke liegt aber ganz eindeutig im HiGain-Bereich jenseits des Classic Rocks: Hier blüht er auf, klingt saft- wie kraftvoll und ungebremst!

Wer auf andere Qualitäten Wert legt, wird bestimmt mit dem großen Bruder, dem HT-5, glücklich; der überzeugt auf ganzer Linie, ist dafür aber auch kein solch hochgezüchtetes Raubein wie der HT1 und kommt auch nicht an dessen Gain-Reserven heran.

Die Klientel "Rock bis 70er" ist also gewarnt, die 80s-Rocker sensibilisiert und den durchtätowierten 90s-Plus-Extremrockern dürfte mittlerweile saftig klare Flüssigkeit aus der Sabberrinne tropfen: May The Battles Begin!

Grundsätzlich muss man zum Klangbild sagen, dass es frisch, durchsetzungsfähig, höhenreich abgestimmt ist. Und daran ändert auch der ISF-Regler nüschz; wer es also lieber holzig bis wollig und insgesamt schön muggelig mag, ist hier leider an der falschen Adresse. Oder muss den Kauf eines EQ-Pedals fest einplanen. ;)

Clean bleibt es im ersten Kanal mit der Strat bis ca. 12h, danach setzen Zerrfarben ein, die im zweiten Kanal fließend übernommen werden, so dass es kein "Gain-Loch" wie bei manch anderem 2-Kanal-Amp gibt. Kollege ISF hat hier weniger Einfluss als im Zerrkanal und wirkt eher subtil. Aber man ja mit Hilfe des Ton-Potis der Gitarre ein paar Höhen cutten, das freut das Klangbild und zeigt, dass grundsätzlich alles vorhanden ist.

Im zweiten Kanal glitzert die Strat, verliert aber auch bei extremen Gain-Settings niemals die klangliche Kontour; kein Gleichmacher, der HT1!

Die Paula, die im ersten Kanal bereits ab Mittelstellung in "Classic Rock" Regionen genötigt wird, liefert hier das absolute HiGain-Brett ab, lässt sich per Gitarren-Volumen aber auch fein runter dosieren. Das hat über besagte 2x12" bereits so unfassbar viel Schub im Bass, dass Palm Muting eine wahre Freude ist! :sabber:

Gleichzeitig hat der Ton sehr viel Biss, kippt für sein Leben gerne in Obertöne um, trägt den Spieler mit viel Wucht wie Sustain und kommt immer angriffslustig daher. Der Ton ist immer höchst harmonisch auflösend, die Verzerrung kraftvoll, aber "feinkörnig"; der Ton vermatscht nie und ist auch bei Vollauslastung im Bass noch transparent.

Versucht man ihm mit Hilfe der eigenen Klangreglung die nervösen Gene zu rauben, wirkt er fast schon abgeschnitten, lethargisch und behäbig; nee, das mag der nicht wirklich, der Spielspaß ist weg!

Er klingt übrigens auch bereits bei Flüsterlautstärke vollwertig, es braucht kein Volumen, dass es drückt und schiebt!

Am eigenen Speaker relativieren sich die bis hierhin geschilderten Eindrücke natürlich etwas; für einen 8"-Speaker ist das aber dennoch verblüffend vollwertig, was da zu hören ist, ganz besonders dann, wenn das Volumen etwas mehr gibt als es Zimmerlaustärke zulässt: Dann verschwindet auch das "Transistor-Sizzlen", und der HT1 bekommt mehr Mitten.

Auch die ansonsten stets präsente, immer so eine leicht näselnde Note, die ein wenig an Brian Mays Decay-Vox-Sound erinnert, lässt sich derart zähmen; das beraubt den Combo auch ein wenig seiner Heavy-Zähne und lässt ihn klassischer tönen.

Zum ISF-Poti: Egal wo der Regler steht: Das grundsätzliche Klangbild ist HotRod JCM800! Links gibt es mehr Mitten, rechts werden diese gescoopt, so dass Bass und Höhen dominieren. Für mich ist das eher ein Anpassungsregler in Bezug auf angeschlossener Box und/oder den Raum, der primär das Mittenbild ändert.

Bliebe noch der Hall. Kumpel Lutz, der den Amp als Topteil sein Eigen nennt, findet den toll. Ich persönlich finde den maximal ganz nett für cleane und leicht angezerrte Töne, aber ein wichtiges Feature des Amps stellt er für mich persönlich nicht dar. Ich bin aber auch nicht der Hall-Typ.*

Apropos Topteil: Dieses hatte meines Erachtens weniger Grundbrummen als der Combo. Dafür rauschen sie beide bei maximalem Gain und Volumen vernehmlich. Gut, da wird man den Amp selten fahren, erwähnt werden sollte es aber dennoch.

Fazit: Für 255€ erhält der Hard'n'Heavy-Rocker bis -Metaller einen feinen, harmonisch auflösenden Vollröhrenamp mit gutem Clean- wie Britzel- und überragenden Rhythm & Lead-Sound. Der Anschluss für eine erwachsene Box macht aus einem Bedroom-Amp ein vollwertiges Recording-Tool. Allerdings muss man das grundsätzliche Klangbild mögen oder durch externes Gerät modifizieren, da die bordeigenen Einflussmöglichkeiten begrenzt sind.

Hier ein meines Erachtens repäsentatives Demo:

[youtube]http://youtu.be/UEj7HKSMXI0[/youtube]

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:

*Mittlerweile finde ich den Hall auch gut; auf Aufnahmen macht der sich wirklich bestens! :thumbsup02:
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von tommy » Dienstag 6. September 2016, 19:57

Danke für den tollen Bericht! Da brauchen wir dann in der Eifel nicht mehr über den Amp zu reden und können stattdessen mehr essen und trinken! :popcorn: :popcorn: :prost: :sabber: :sabber:
LG, Tommy


Esst mehr Obst!

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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von Magman » Dienstag 6. September 2016, 21:56

Vielen Dank für das aufschlussreiche Review Batz :prost:

Nun, ich kann vieles davon unterschreiben, ich hatte den Amp für etwa eine Woche hier bei mir zum Test und hätte ihn extrem günstig einkaufen können. Aaaaaber und bitte haltet mich nicht für verrückt, er hatte gegenüber dem kleinen Blackstar Fly3 plus Zustatbox keinen Riss machen können. Ich konnte es selbst eigentlich kaum fassen, aber auch der Kollege, der ihn verkaufen wollte stimmte mit mir ein. Dennoch ist es ein kleines HighGainMonster und genau das ist auch mMn genau seine Stärke!
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Batz Benzer
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von Batz Benzer » Mittwoch 7. September 2016, 10:29

Danke Euch fürs Feedback, Männers! :banana02:

Interessant Deine Einschätzung, Mäggy: Meinst Du das im direkten Vergleich oder an einer externen Box?

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von Magman » Mittwoch 7. September 2016, 11:38

Batz Benzer hat geschrieben:Danke Euch fürs Feedback, Männers! :banana02:

Interessant Deine Einschätzung, Mäggy: Meinst Du das im direkten Vergleich oder an einer externen Box?

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
Micky ich hatte im Wohnzimmer dirket A/B verglichen und war doch etwas überrascht! Überrascht deshalb, weil der Fly3 so verdammt gut abgeschnitten hat. Ich erwähne aber trotzdem nochmal, das ich kein HaiGähn spiele. Der Fly3 klang clean und besonders crunchy (so bis bis ACDC) bedeutend besser :o Und ich hätte den HT1-R Combo für 140 Euro haben können....
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von telly45 » Mittwoch 7. September 2016, 12:59

Magman hat geschrieben:
Batz Benzer hat geschrieben:Danke Euch fürs Feedback, Männers! :banana02:

Interessant Deine Einschätzung, Mäggy: Meinst Du das im direkten Vergleich oder an einer externen Box?

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
Micky ich hatte im Wohnzimmer dirket A/B verglichen und war doch etwas überrascht! Überrascht deshalb, weil der Fly3 so verdammt gut abgeschnitten hat. Ich erwähne aber trotzdem nochmal, das ich kein HaiGähn spiele. Der Fly3 klang clean und besonders crunchy (so bis bis ACDC) bedeutend besser :o Und ich hätte den HT1-R Combo für 140 Euro haben können....
Ja, das sind auch meine Erfahrungen. Clean, crunch, classic Rock - alles super zu machen mit dem Fly3 :thumbsup02:
Gruß Rainer

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Batz Benzer
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von Batz Benzer » Mittwoch 7. September 2016, 18:23

Ich habe heute mal den Recording Out getestet: Clean ist das ganz wunderbar! - Verzerrt ist es gut korrgiert, aber eben nicht neu berechnet und somit als DI-Lösung identifizierbar; brauchbare Notlösung, aber schön geht anders... ;)

Da der Lutz meines Wissens ja auch 'nen Fly3 hat, werden wir das sicher mal nachvollziehen bei einem der nächsten Treffen.

Wobei ich mit dem Clean- und Britzel-Sound wirklich mittlerweile sehr, sehr glücklich bin - stets über die 2x12", wohlgemerkt, denn der Amp ist für mich Topteil mit eingebautem Speaker, kein wirklich vollwertiger Combo.

Liebe Grüße,

Batz. :smoke01:
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von M. L. Schwan » Mittwoch 7. September 2016, 19:16

Hi Batz,
bitte erlaube mir doch mal eine ketzerische Frage:
Ich hab ja mitbekommen, dass Du einen sehr gut sortierten, qualitativ hochwertigen Amp-Fuhrpark besitzt, z. B. die schönen kleinen Marshalls.
Wieso benötigst Du dann einen zusätzlichen Amp welcher den anderen nicht das Wasser reichen kann? :kopf_kratz01:
Gruß
Daniel
Viele Grüße
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von Batz Benzer » Mittwoch 7. September 2016, 19:25

Hallo Daniel,

sehr gerne: Das, was der HT1 kann, kann so keiner meiner anderen Amps ohne massive Hilfe durch Effektgeräte; er ist eine weitere Klangfarbe auf meiner völlig wertfreien Palette.

Ich erinnere z.B. an Tommys Reaktion im Veregleichstest: Scheint so, als habe der Amp bei ihm einen seit langem offen liegenden Nerv getroffen. Bei Hideaway übrigens auch... :thumbsup03:

Schönen Abend,

Batz. :smoke01:
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Surfcaster
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Re: Blackstar HT1-R Vollröhrencombo

Beitrag von Surfcaster » Freitag 9. September 2016, 19:36

Also habe auch die Head Version seid dieser Woche.

Ganz ehrlich? Ich bin hin und weg, von dem kleinen Rotzlöffel.

Für Zuhause echt ideal. Mein thr 5 darf gehen.

Im Overdrive brüllt der schon fies. Lieber Clean und volle Suppe...

Isf ist auch effektiv und der Hall ist auch super.

Mal noch ein Paar Boxen durch probieren.... :boing01: :sabber:

Nachtrag:

Kopfhörerausgang gerade an die denon Anlage mit alten Sonab Boxen angeschlossen. Man das klingt aber!
Blues, leicht Crunchi mit super Hall drauf. In Zimmerlautstärke mit Dynamik.
Ich bin baff.

Am wgs g10c klingt er sehr Druckvoll. Bin morgen mal auf meine 2#10 mit et10 und retro 10 gespannt :mosh: :boing01:

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