Rainger FX Bleep (& Igor)

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Batz Benzer
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Rainger FX Bleep (& Igor)

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 27. September 2019, 10:59

Aller guten Dinge sind drei: Gegenstand dieser Besprechung ist das Rainger FX Bleep, ein vom Hersteller mit "Monster-Fuzz" umschriebenes Mini-Pedal, welches eine Weiterentwicklung des Dr. Freakenstein's Dwarf Bleep ist, welches seinerzeit eine Weiterentwicklung des hier bereits vorgestellten Dr. Freakenstein's Dwarf ist ( siehe: https://gitarrenbu.de/viewtopic.php?f=15&t=3540 ), was die Miniatur-Version des großen, originalen Dr. Freakenstein-Fuzz ist. Puh, geschafft; und da habe ich die "Zwischenstufen" Dwarf Bitch, Dwarf Bleep und Dwarf Bass noch glatt unterschlagen. :mrgreen:

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Es ist also zwei Generationen vom Dwarf entfernt, und innerhalb dieser Entwicklungsstufen hat sich so viel getan, dass das Pedal seinen eigenen Namen bekam; sonst wäre der Kauf aus persönlicher Sicht ja auch mehr als flüssig gewesen, nämlich: überflüssig, da ich den Dwarf ja bereits mein Eigen nenne.

Man sieht an diesem Beispiel, dass David Rainger seine Produkte immer weiter entwickelt, was einerseits aufweist, wie viel Potential in jeder einzelnen Pedal-Idee steckt und andererseits bedeutet, dass Rainger seinen Kunden zuhört und deren Wünsche und Bedürfnisse in die Entwicklung einfließen lässt. Das gefällt mir ausgesprochen gut!

Dabei könnte ich ja auch sauer sein: Kaum kaufe ich mir ein Pedal, kommt das upgedatet neu raus; na, vielen Dank! - Bin ich aber nicht, denn das Bleep klingt nicht nur ganz deutlich anders, es kann auch ganz andere Sachen, die der Dwarf nicht konnte; dafür kann der Dwarf Bit-Crusher- und Hendrix-Octave-Fuzz-Sounds, die ich dem Bleep nicht entlocken kann.

Was ist also alles anders? - Neben dem großen Overtone-Knopf, der als Ton-Regler fungiert, sowie einem Mini-Poti für Volumen, gibt es nun auch einen Bleep/Fuzz-Regler, der stufenlos das reine Fuzz-Signal in den herrlichen Bleep-Wahnsinn überführt: Hier wird der Chip wohl durch geringere Stromzufuhr soweit destabilisiert, dass er das Signal unterbricht und zu piepen anfängt, wenn ich Technik-Simpel es richtig verstanden haben sollte. Mann kann das Pedal also auch als "ganz normales krankes Monsterfuzz" fahren, ohne das Bleepen zu nutzen.

Ebenfalls neue Funktionen haben die beiden Mini-Druckschalter in der Front: Der erste addiert eine zyklische Modulation, die in der Tat noch mehr Monster-Attitüde ins Klangbild bringt: Eerie! - Der zweite Mini-Switch entscheidet, ob das beiliegende Expression-Pedal namens Igor Einfluss auf die Obertöne oder die Geschwindigkeit der Modulation hat.

Es gibt jedoch noch einen weiteren wesentlichen Unterschied: Der grundsätzliche Fuzz-Klang wurde stark überarbeitet, ist jetzt klar bassiger ausgelegt und kann nicht mehr durch einen Lo/Hi-Switch variiert werden. Überdies ist er deutlich dynamischer und hat mehr Distortion-Anteile; der Dwarf ist kompromissloser, kantiger und schmutziger im Sound.

Und derart viele Unterschiede rechtfertigen auch ganz klar die Namensänderung: Das hier ist schlicht ein anderes Pedal!

Die Klangwelten, die hier stattfinden, in Worte zu kleiden ist deutlich schwerer als einfach ein entsprechendes Demo an dieser Stelle zu posten; das hier ist zwar nur mit dem Handy gefilmt, es zeigt von all den vielen Bleep-Videos in der Tube m.E. aber am besten, was das Pedal kann und macht:



Nachdem Ihr nun wisst, wie es klingt, möchte ich Euch erzählen, wie sich das anfühlt: Durch den Bleep/Fuzz-Regler bestimmt man nicht nur, ob und wann das Fuzz-Signal ins Bleepen übergeht, sondern auch das Wie, da die Piep-Länge und Wiederholungsgeschwindigkeit ebenfalls hier beeinflusst werden können.

Die zweite Eingriffsmöglichkeit ist das Volumen der angeschlossenen Gitarre: Je weniger Input das Pedal erhält, desto schneller piepts!

Die dritte Möglichkeit, Einfluss auf den Bleep-Klang zu nehmen, ist die Modulation, die die Tonhöhe des Bleeps beeinflusst.

Die vierte Möglichkeit wird durch Igor gegeben: Ändert man die Tonhöhe oder die Geschwindigkeit der Modulation, verändert sich auch das Piepen!

Wahnsinn, oder? - Soooo viele Möglichkeiten, das Klanggeschehen zu formen und zu beeinflussen, obgleich die Regelmöglichkeiten selbst absolut überschaubar bleiben!

Zurück zum Spielgefühl: Das Fuzz trägt und tönt superharmonisch und sogar was dynamischer als der Dwarf. Dank Overtone-Regler sind viele Voicings drin, die teil an klassische Fuzz-Töne erinnern, aber eben auch krankere Klangwelten bedienen.

Kommt Bleep ins Spiel, stirbt das Signal danach, da auch in dieser Freakenstein-Inkarnation ein Noise Gate werkelt. Das kann nach einem einzigen Bleep sein oder einer Orgie von vielen Bleeps; die Kontrolle hierüber fällt schwer. Manchmal wünscht man sich das Abreißen des Fuzz-Tons und es kommt nicht; hier kann man mit dem Gitarren-Volumen nachhelfen wie oben beschrieben. Bisweilen kommt es aber zu früh und/oder unerwartet; dann hilft nur das erneute Greifen in die Saite(n), damit es wieder fuzzt.

Was ich bislang noch nicht erwähnt hatte, Ihr im Video aber gut sehen konntet, ist die wirklich abgefahren geile Lichtshow des Bleep: Übers Gehäuse verteilt sind stylische grüne Matrix-Punkte, von denen ganze sieben tatsächlich grün leuchtende LEDs sind, die wie zufällig wirkend abwechselnd blinken, sobald der Bleep-Wahnsinn beginnt: So eine Heim-Disco macht unheimlich Spaß und lässt das Kind in mir irrsinnig breit grinsen! :mrgreen:

Ja wie, keine Nachteile oder was? - Eine Kleinigkeit hätte ich da im Angebot: Nach Ausschalten des Effektsignals hört man, dass derrrr Gerrrrät der Saft abgedreht wird, indem es kurz "Zssorbp!" macht. Recht leise und kein Problem im Live-Betrieb, aber erwähnt gehört es dennoch.

Und einen Wunsch hätte ich auch noch: Wenn der Mini-Switch, der die Modulation waltet, auch noch ein Drehregler wäre, mit dem man die Geschwindigkeit der Modulation einstellen könnte, wäre das Bleep noch perfekter! ;)

Unterm Strich kann dieses Pedal also recht viel, was den stolzen Preis von immerhin 180€ erklärt. Die Anwendung ist jedoch nicht ganz so einfach, da man hier den Faktor X a) wollen und b) zur eigenen Zufriedenheit kontrollieren lernen muss, so man denn überhaupt kontrollieren mag. Wer darauf keine Lust hat, kann das Bleep auch als normales "krankes Fuzz" benutzen, aber dann ist der Dwarf vielleicht die bessere Wahl, wenn man mit dem hörbar anderen Grundklang ebenfalls parat kommt.

Fazit: "It's a marriage between Darth Vader and Artoo Deetoo", hat irgend jemand über das Bleep gesagt, was es m.E. perfekt trifft: Mächtige dunkle Fuzz-Macht trifft auf piepend-zirpende Dose! Extrem vielfältig, aber nicht immer zu kontrollieren: Dieses Produkt aus dem Hause Rainger FX London ist einzigartig. Ganz bestimmt nicht everbody's darling, daher sollte man sich gut überlegen, ob man für diesen Wahnsinn bereit ist. Entscheidet man sich jedoch für das Bleep, kann man in Klangwelten vordringen, in denen noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist.

Lieben Gruß,

Batz (Rainger-Fanboy). :smoke01:

PS: Eigentlich unfuzzbar, aber Dwarf und Bleep hintereinander geschaltet gibt einen unheimlich singenden, ausdrucksstarken und tragfähigen Solo-Ton... :sabber:
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Re: Rainger FX Bleep (& Igor)

Beitrag von tommy » Freitag 27. September 2019, 11:24

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Viel Spaß damit! :thumbsup02:
LG, Tommy


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Re: Rainger FX Bleep (& Igor)

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 27. September 2019, 12:22

Danke, Tommy: Ich habe mit meinem neuen Song extra auf diesen Effekt gewartet und soeben den Refrain damit eingespielt: Unfassbar geill!!! :boing02:

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Mee, mee,

Batz.
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Re: Rainger FX Bleep (& Igor)

Beitrag von tommy » Freitag 27. September 2019, 13:00

Ich bin heftig gespannt! :boing01: :boing01:

Beisewäi: Könntest Du Dir vorstellen, in der Eifel mit den Geräten irgendwas Verrücktes (Psychedelisches) zu jammen? Hätte ich voll Bock drauf!
Muss mal schauen, was ich diesbezüglich in meinem HX Effects so finde.
LG, Tommy


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Re: Rainger FX Bleep (& Igor)

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 27. September 2019, 13:24

Na klar! :thumbsup03:
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Re: Rainger FX Bleep (& Igor)

Beitrag von Batz Benzer » Sonntag 19. April 2020, 13:43

Nachdem ich gestern den Air Traffic Controller ausgiebig mit dem Air Space Invader 2 verglichen habe, sind heute das Freakenstein Chop und Bleep dran, da letzteres eine miniaturisierte Spielart des großen Bruders darstellt.

Beide haben einen variierbaren Monsterfuzz-Grundsound im Angebot; dabei klingt das Chop exaltierter, das Bleep normaler und somit eher nach Distortion. Beide sind harmonisch, satt und voll, das Chop ist dabei aber immer extremer gevoiced, die Frequenzbetonungen steiler und gewagter, das Bleep wesentlich allgemeinverträglicher, weniger speziell, dafür bassiger.

Beide können modulieren; beim Bleep ist alles festgeleget, beim Chop lässt sich die Modulation in der Geschwindigkeit kontrollieren. Auch hier klingt das Chop viel extremer, die Modulation des Bleep ist vergleichsweise langsam und wesentlich subtiler.

Der Ton des Chop kann Velcro-mäßig sterben, beim Bleep führt dies zu Piep-Orgien, die irgendwann abbrechen.

Aus meiner Sicht sind das klanglich verwandte Gerätschaften, die zwar in dieselbe Kerbe schlagen, aber dabei andere Spuren hinterlassen, grundsätzlich anders gevoiced sind.

Es gelingt David Rainger also auch hier, dass jedes Pedal sein Alleinstellungsmerkmal hat, das es von anderen unterscheidet.

Wagt man den Wahnsinn und stacked die beiden Fuzzes, entsteht wider Erwarten ein hochmusikalisches Klanggeflecht, das beherrschbar ist und noch mehr Spaß macht als ein Pedal alleine! :sabber:

Beides tolle Teile! :thumbsup03:
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