Gamechanger Audio & Third Man Records: Plasma Coil-Pedal

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Batz Benzer
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Gamechanger Audio & Third Man Records: Plasma Coil-Pedal

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 20. Dezember 2019, 13:38

Gegenstand dieser Besprechung ist das Plasma Coil-Pedal von Gamechanger Audio & Third Man Records.

Bild

Das Pedal selbst ist robust wie ein Panzer aufgebaut und darüber hinaus sehr stylish in seinem eigenförmigen, pultähnlichen Metallgehäuse: Es zeigen sich drei Plasmaspulen-Türme, zwischen denen Blitze zucken; hier reiht sich das gelb gefärbte Sichtfenster für die Xenon-Gasröhre ein.

Übrigens: Was auf Bildern nach Weiß aussieht, ist in Wirklichkeit silbern, und auch das Gelb entspricht in der Realität einem Metallic-Goldgelb.

Äh, Moment mal: Bitte was, wie war das eben!? Gasröhre...? - Ja! Das Plasma Coil-Pedal ist zwar im weitesten Sinne ein Verzerrer, erzielt diese Zerrfarben aber auf höchst ungewöhnlichem, wohl einzigartigen Weg: Es wandelt den Ton in Plasma-Energie, die sich mit 3500 Volt in der Röhre entlädt! Bazinga!!!

Das sieht nicht nur großartig aus, es funktioniert auch für den Musikeralltag, aber dazu später mehr; zurück zum Äußeren:

Regelbar ist das Plasma Coil in Volume (Ausgangslautstärke), Low und High Freq (EQ), Voltage (Gate/Choke, der das Signal abwürgt) und einem unbenannten Regler, der die Boost-, bzw. Octaver-Funktion waltet (Solo-Volumen-Boost, -1 Oktave, -2 Oktaven, +1 Oktave, +&- 1 Oktave, +1 & -2 Oktaven).

Die beiden Fußschalter On/Off und Boost/Octaver On/Off runden das Angebot ab.

Rückseitig gibt es einen 9-V-Anschluss, In, Out sowie den Umschalter für den Betrieb des rechten Tasters auf der Pedaloberfläche: Er kann nämlich dauerhaft oder als temporärer Taster eingesetzt werden.

Auf in die Praxis: Bereits im "Normalbetrieb" erzeugt dieses Pedal seine Zerrfarben durch besagte Plasmaenergie. Das erzählt sich spannend, aufregend und exotisch, aber: Klingt es auch so?

Hier möchte ich ganz ketzerisch sagen: Ich könnte mir vorstellen, dass es ein Behringer-Fuzz-Pedal gibt, das ziemlich genau diesen Grundton hinkriegt; denn wirklich "exotisch" TÖNEN tut das Plasma Coil-Pedal jetzt nicht.

Noch zynischer: Vielleicht hätten wir das imaginäre Behringer-Pedal für kaputt gehalten und zurück geschickt...

Vielleicht aber auch für diese raue Klangwelt geliebt: Ein High-Gain-Fuzz-Ton dringt an die Lauschlappen, die beiden EQ-Regler greifen herzhaft ins Geschehen ein und lassen starke Veränderungen zu; Voltage bestimmt, wie lange der Ton klingt, um dann röchelnd den sterbenden Terminator-Schwan zu geben.

Das passt noch ganz wunderbar für 60s-Fuzz-Retro-Montage-Phantasien und wirkt auf mich alles andere als monströs; gut, dass ich mir den Vorgänger, das "Plasma Pedal" gar nicht erst angeschafft habe!

Denn tatsächlich wäre ich so wohl die Behringer-Billo-Fuzz-Assoziation nicht los geworden, hätte mich trotz der geilen Lichtorgel verarscht gefühlt und das Teil zurück gegeben.

Der tatsächliche Mehrwert ist aus meiner Sicht also eindeutig die Oktavierungsmöglichkeit: Hier entstehen die wirklich geilen kranken Klangwelten! :sabber:

Auftritt Jack White: Dieser zeichnet nämlich verantwortlich für das Plasma Coil; seine typischen Klangwelten sind allesamt mit diesem Extremfuzz nachstellbar!

Man darf sich das aber bitte nicht so vorstellen, als sei ein digitaler Pitch Shifter am Werk: Das hier ist analog, eine Übersättigung der Übersättigung und entsprechend chaotisch in der Wechselwirkung.

Somit geht, im Gegensatz zum Standardbetrieb, auch kein polyphones Spiel mehr; Akkorde werden nicht mehr als solche erkannt und führen zu Lotto-Tönen.

Überdies ist mit den tiefen Oktaven das Spiel ab dem 12. Bund wesentlich ortbarerer als darunter; dafür schieben diese Single Notes dann deutlich mehr als sonst Akkorde!

Die hohe Oktave lässt dann Hendrix-Momente aufkommen, auch hier geht es jenseits des 12. Bundes effektiver zu als darunter.

Die Andertons titelten, dass dieses kranke Aggregat durchaus aus Dr. Frankensteins Labor stammen könnte, und sie haben doppelt Recht: Die Optik stimmt, und die Sounds lassen mir teilweise Gänsehäute den Rücken runter laufen, so brutal klingen die, besonders wenn es im Tiefbass zu
knattern beginnt als ob ein V2-Motor absäuft!

Heftig, solch physische Reaktionen auf ein Klangereignis, und wohl vergleichbar mit Fingernägeln auf Tafel und Co.; das hat bei mir noch kein anderes Gitarrenpedal geschafft!

Der arme David Rainger mit seinen Freakenstein-Pedalen: Das Plasma Coil läuft seinen Kreationen in Hinblick auf Monstrosität locker den Rang ab!

Fazit: Im Standard-Betrieb hat man im Prinzip ein "krankes Standard-Fuzz", das wohl auch anders mit deutlich günstigeren konventionellen Mitteln zu realisieren wäre; das dann allerdings ohne die grandiose Lichtshow!

Ab der Oktavierung beginnt der Spaß: Hier gibt es abgefahren kranke, brüchtig, mächtige, over-the-toppige, röchelnde, wall-of-soundige Larger-Than-Life-Sounds, die teilweise physische Reaktionen auslösen können!

Wer das erleben möchte, kommt um das Teil nicht herum; alles anderen sollten es besser großflächtig meiden! :mrgreen:

Wobei sich der Wahnsinn in Produktionen, bzw. dem Bandkontaxt immer ein wenig verliert, wie man z.B. an Pete Thorns Beispielvideo sehr gut sehen, bzw. hören kann:



350€ sind ein stolzer Preis. In Anbetracht von Verarbeitung, gebotener Diorama-Optik und einzigartiger Klangwelten aber durchaus zu vertreten: Ein Spezialpedal für Spezialisten und Individualisten. Und/oder Jack White-Fans.
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

- George Martin

Duke

Re: Gamechanger Audio & Third Man Records: Plasma Coil-Pedal

Beitrag von Duke » Samstag 21. Dezember 2019, 10:14

Cooles Ding! Schönes Review.

Wenn so ein Pedal "Pete's Werbejingles" Leben einhauchen kann, dann kann das was! Jack White hört man irgendwie im Hintergrund mitspielen. ;-)

Nutze mein Carcosa irgendwie viel zu selten. Das kann man IMO auch sehr "schön" kaputt einstellen.
Muss ich gleich direkt mal ausprobieren. 8-)

Diese Octa-Funktionalität ist natürlich ein krasses Add--on. :kopf_kratz01:

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Re: Gamechanger Audio & Third Man Records: Plasma Coil-Pedal

Beitrag von Batz Benzer » Samstag 21. Dezember 2019, 13:07

Danke für Dein Feedback, Uwe! :prost:
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Re: Gamechanger Audio & Third Man Records: Plasma Coil-Pedal

Beitrag von Wizard » Mittwoch 25. Dezember 2019, 00:41

Jetzt erst gelesen. Mann, du kannst aber auch schreiben mit Bildern die ihresgleichen suchen :mrgreen:

Dinge, die irgendwas mit Oktaven können, haben es dir ganz offensichtlich schwer angetan. Ja, oktavierte Töne sind schon geil :thumbsup03:

Dieses Teil ist ja hammermäßig und des Wahnsinns fette Beute wie's scheint - also genau deins... :P

Das Ding (mir fehlt irgendwie die Bezeichnung) ist bereits rein äußerlich so ein Lunatic, dass es mir den Atem verschlägt :lol:

Das ANHÖREN des Videos erledige ich erst morgen; zu spät für so schräg :clown:
Gruß Peter

immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<

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Re: Gamechanger Audio & Third Man Records: Plasma Coil-Pedal

Beitrag von Magman » Mittwoch 25. Dezember 2019, 11:37

Auch ich hatte mal die Zeit das Review unseres Freundes Fuzzbatz zu lesen* werd gleich mal den Namen für ihn ändern im Adminforum :mrgreen:

Nee ich finde es interessant wie du es schreibst und obwohl ich das Pedal nicht kenne kann ich ahnen wie es klingt! Ich hatte kürzlich selbst nochmal einige Füzze getestet. Allerdings gingen die wohl alle in eine ganz andere Richtung. Für dich wohl eher langweilig, denn nix oktavierend und auch nix mit bratzel Fliewatüüt. Bei mir müssen sich Füzze über einen bereits stark gesättigten Gainsound legen ohne zu dominieren. Also eher der Reverend-Effekt 8-)

Bluesy Xmas :cool01:
Bild
STOMPIN' HEAT …we are ready to rock :mosh:

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Re: Gamechanger Audio & Third Man Records: Plasma Coil-Pedal

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 27. Dezember 2019, 21:09

Hier übrigens das Video zu meinem Ansatz, dass das Pedal ohne Oktavierung klanglich nix allezu Besonderes darstellt, so dass es wohl mit einem Behringer nachzustellen sei; ich wusste vorher nix von dem Vergleich...:

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