Danelectro DSD-1 Shift Daddy

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Batz Benzer
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Danelectro DSD-1 Shift Daddy

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 22. April 2021, 12:04

Gegenstand dieser Vorstellung ist mal wieder ein "blast from the past", ein effektives Gerät, welches es heutzutage nur noch aus zweiter Hand zu kaufen gibt. Das Stück Equipment, um welches es heute gehen soll, produziert u.a. ansonsten bislang ungehörte Klänge und bietet somit tatsächliche Alleinstellungsmerkmale soundtechnischer Art.

Bei dem Probanden handelt es sich um den DSD-1 Shift Daddy des Herstellers Danelectro, ein Slapback-Delay/Echo-Pedal im Retro-Cadillac-Design, welches bereits optisch im positivsten Sinne auffällt.

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(Bildquelle: medias.audiofanzine.com)

Mein Exemplar ist in einem dunklen Metallic-Blau mit Übergang zu Violett gehalten, andere Exemplare überzeugen in schwarz mit Flammen-Applikationen oder mattem Silber.

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(Bildquelle: Audio Fanzine)

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(Bildquelle: Reverb.com)

Das Gehäuse selbst ist, bis auf die Bodenplatte aus Metall, in Kunststoff gehalten, der hier, wohl auch des hohen Gewichts halber, einen sehr wertigen Eindruck auf mich macht und dem Zahn der Zeit bis dato souverän widerstehen konnte. :thumbsup03:

Die Fahrzeugfront bietet neben dem Kühlergrill die Anschlüsse für In, Out und 9V, oben finden sich zwei Druckschalter, von denen der rechte als On/Off-Switch fungiert und er linke die Funktion der Wippe umkehrt. Seitlich gibt es, in Form vom jeweils drei Auspuffsrohren, Druckknöpfe, mit denen sich linker Hand das Verhältnis von Effekt zu Trockensignal regeln lässt (30% Wet, 50% Wet, 100% Wet zu jeweils 100% Dry; 100% Wet ohne Direktsignal), rechts bestimmt die Anzahl der Wiederholungen (Single Slap, Spring, Arena, Interplanetary).

Natürlich hätten hier zwei Drehregler den Job vielseitiger übernehmen können, allerdings wären diese nicht während des Spiels mit dem Fuß erreichbar, wie es hier der Fall ist; das vorliegende System hat also klare Vorteile, da alle Bedienelemente per pedes gesteuert werden können.

Rückseitig gibt es eine D-förmige Kontrolleuchte für den On/Off-Status, daneben zwei Rückleuchten, die darüber informieren, welche Betriebsart bei der Wippe vorliegt: Schickes Detail! :thumbs:

Die rückseitige Metallplatte ist beschriftet und informiert über die hier geschilderten Möglichkeiten.

So viel zum Äußeren, hinters Lenkrad geklemmt und ran an die inneren Werte: Der Shift Daddy macht grundsätzlich ein wirklich schönes, sehr geschmackvolles wie genre-typisches, aber letztlich unspektakuläres Slapback-Echo im allerbesten Rockabilly-Stil, welches jedoch auch mit vielen anderen Gerätschaften in vergleichbarer Güte erzielt werden kann.

So weit, so gut, kommen wir nun zu besagtem Mehrwert, dem Alleinstellungsmerkmal des Schaltknüppel-Gevatters: Via Wippe kann man zwischen einer langsameren (ca. 100ms) und einer etwas längeren Variante (ca. 140ms) wählen.

Viel wichtiger: Man kann während des Spiels zwischen diesen beiden Geschwindigkeiten fließend wechseln, was zur Folge hat, dass der Delay-Ton kurz gestretched, bzw, gestaucht wird. Das klingt ein wenig so als würde man kurz aufs Strat-Vibrato drücken, bzw. daran ziehen und erinnert ans Drehen am Time/Delay-Regler eines analogen Echos während man spielt: Verrückter Comic-Gummiband-Effekt! :rofl:

Wer es drauf hat, die Wippe gaaaanz laaaangsam und gleichmäßig zu bedienen, erzielt so eine Art in der Tonhöhe moduliertes Echo, das Chorus-ähnlich anmutet; das ist aber echt schwer, überdies können es andere Trampelkisten wesentlich unaufwändiger.

Sind hohe Repeats ("Interplanetary") gewählt, erinnert es mich an schwarzweiße Weltraumgeräusche der 50er-Jahre, liegen die Repeats niedriger, klingen diese wie "analoge Glitches/Artefakte"; das erinnert mich z.B. an die Anlaufgeräusche alter Analog-Bänder ("von superschnell auf normal in einer halben Sekunde"), wie man sie in der Beatles-Anthology häufiger zu hören bekommt. Dazwischen gehen jede Menge lustiger Tom & Jerry-Zeichentrick-Geräusche mit Retro-Aspekt.

Und ganz genau diese Klangereignisse in dieser Steuerbarkeit bietet meines Wissens ausschließlich der Shift Daddy!

Ja, toll, und was macht man jetzt damit...? - Ganz genau diese Frage hatte mich mein erstes Exemplar vor ca. 15 Jahren wieder verkaufen lassen; ich hatte schlicht keine Anwendung dafür gefunden!

Vor ein paar Tagen erinnerte ich mich wieder des Geräts und habe mir ein zweites Exemplar geschossen. Und wieder stelle ich mir die Frage: Wofür kann man diesen Effekt wohl benutzen...? :kopf_kratz01:

Schon bescheuert: Da suche ich ewig und drei Tage nach bishlang unerhörten Klangwelten, und wenn man dann mal eine findet, weiß man nix mit ihr anzufangen! :D

Dieses Mal werde ich es jedoch als bleibende Herausforderung begreifen, der ich mich stellen möchte... bin mal gespannt, ob es mir gelingen mag oder das Teil demnächst einen neuen Sugar Daddy haben wird. ;)

Zum Schluss noch die üblichen Pflichtpunkte: Unauffälliges Nebengeräuschverhalten, leichter Schatknacks beim ersten Einschalten (danach absolut ruhig); kurzer, aber dennoch angenehmer Regelweg der Wippe.

Fazit: Ein optisch auffälliges, recht großes Slapback-Delay mit amtlichem Rockabilly-Ton und der verrückten Möglichkeit, das Echo für kurze Zeit zu dehnen, bzw. zusammen zu quetschen; wer so etwas aus der Abteilung "Weird & Crazy" sucht, wird hier fündig!

Nur wage ich zu bezweifeln, dass es dieses Klienel tatsächlich gibt; bleibt ein ungewöhnliches Klangwerkzeug für all die Captain Kirks da draußen, die mutig dorthin gehen wollen, wo noch niemals ein Mensch zuvor gewesen ist.

Zu guter Letzt noch ein aussagekräftiges Hörbeispiel (Sounds ab 6:50min):



Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

- George Martin

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