Drybell Vibe Machine V-2

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Batz Benzer
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Drybell Vibe Machine V-2

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 19. August 2021, 15:51

Gegenstand meiner heutigen Betrachtung ist die Vibe Machine V-2 des kroatischen Anbieters Drybell, für einen Vibe-affinen Wissen-Woller wie mich quasi Pflichtprogramm! 8-)

Die Vibe Machine verspricht authentischen Uni-Vibe-Zauber bei maximaler Pedalboard-Freundlichkeit und ist mit mannigfaltigen Eingriffsmöglichkeiten gesegnet, die - um auch an dieser Stelle 100%ig ehrlich zu sein - in ihrer Gänze mein Fassungsvermögen sprengen; ich bin dennoch bemüht, einen weitreichenden Eindruck dieser Möglichkeiten zu liefern. ;)

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Das Drybell läuft bei 9V und kommt in einem steingrauen Gehäuse, welches dem kleinen Hammond-Format entspricht; es ist regelbar in Intensity, Speed, Chorus/Vibrato-Mode und Original/Bright/Custom-Mode. Hinzu kommen seitliche Trim-Pots für den Custom-Mode (Höhen), Chorus (Effektanteil), Grit (Presenceanteil am Out fürs folgende Effektgerät), Sym (Art/Form der Effektkurve), Range (EQing der Kurve) und Vol (Ausgangs-Lautstärke), die mit Hilfe eines beiliegenden Schlüssels - im selben Tütchen stecken vier klebbare transparente Standfüßchen - oder auch per Schaubendreher eingestellt werden können.

Den Anschluss für ein Expression-Pedal oder Umschalter sollte ich ebenfalls nicht unerwähnt lassen, und natürlich gibt es eine Staus-LED sowie eine weitere, die stets die Geschwindigkeit durch Pulsieren darbietet. Uff!

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Und das ist beileibe noch nicht alles: Die sogenannten "Secondary Functions" bieten z.B. die Möglichkeit, vom True Bypass-Footswitch auf buffered zu wechseln, können zwei unterschiedliche Geschwindigkeiten per Schalter abrufbar machen, diversen Funktionen unterschiedliche LED-Farben zuordnen, und und und... das grenzt schon an Wahnsinn, welch Akribie hier beflügelt wird! :irre01:

Hier liegt dann auch, so viel sei vorweg genommen, definitiv die Stärke des "Trockenglocken"-Maschinenweibs: Es ist extrem anpassungsfähig im Betrieb! :thumbs:

Doch ist all dies nur - pun intended - graue Theorie, am Ende zählt natürlich in erster Linie der gute Klang, ohne den all die Einstellmöglichkeiten nicht zielführend sind; also auf in medias res:

Der erste Eindruck ist... huch: Ernüchternd! :shock: - Irgendwie flach, es fehlt an klanglicher Tiefe, so das sich kein vokaler Effekt einstellt, der inspiriert und in die Tongestaltung einfließt. Dabei ist der Herzschlag eigentlich perfekt getroffen, dennoch gibt es weder profunden Vibe-Throb aus der Tiefe noch "Kaugummi-Effekt" ("chewy", wie der Star Wars-freudige Frankreicher sagt), den man gerne als zusätzliche, musikalisch agierende Vokal-Ausprägung in die Klangformung seiner Licks integriert. Schmatzen? Feenstaub? - Fehlanzeige!

Um an dieser Stelle abzukürzen: Auch über mehrere Tage war es mir der mannigfaligen Eingriffsmöglichkeiten zum Trotze nicht gegeben, zu einem wahrhaft befriedigenden Ergebnis zu gelangen, was natürlich immer auch an mir liegen kann; doch selbst der von mir programmierte Vibe-Ton meines Zoom MS50G ist so eindeutig überlegen und vergleichsweise organisch (nur eben ohne den Herzschlag), dass ich ziemlich schnell die Lust verloren habe, und das darf bei einem 307€-Pedal keinesfalls so passieren! :thumbsdown01:

Ich dachte anfangs, dass sich all dies dank Chorus, Sym und Range bestimmt kompensieren ließe, aber dem ist leider nicht so; das Frequenzspektrum stimmt einfach grundsätzlich nicht, obgleich ich mich einem brauchbaren Ergebnis immer mehr annähern konnte. Doch was nützen all die Möglichkeiten, wenn letzten Endes Sound und Spielgefühl einfach nicht passen wollen? - Eben; nüschte!

Dies führt z.B. dazu, dass ich permanent das Verhältnis von Throb zu Phasing ändern möchte, mehr Phasing bei weniger Throb hören mag, doch drehe ich Intensity auf, höre ich immer noch nicht genug Chorus, obgleich mir der Herzschlag das Klangbild schon zerhämmert. Und ganz genau das lässt sich eben nicht wirklich ändern.

Ähnlich mein Versuch, den richtigen Frequenzgang einzustellen: Den hätte ich nämlich gerne transparent im Bass mit einem fetten Höhen-Roll-Off, die Mitten saftig. Das geht aber auch nicht: In der Original-Stellung fehlt es an Transparenz im Bass und Saft in den Mitten, Bright lässt es an Höhen-Roll-Off fehlen und die frei wählbare Custom-Einstellung dazwischen bietet mir leider auch keinen Zugang zum Ideal in meinem Kopf.

Außerdem mangelt es ganz grundsätzlich an tonalem Headroom, gerade im Direktvergleich mit Gerätschaften, die jenseits der 9V-Grenze agieren.

Es tut mir leid, aber das Drybell rangiert somit trotz authentischem Photozellen-Aufbau eher auf den hinteren Plätzen meiner persönlichen Vibe-Hitliste; das PLV ist in Anbetracht dieser Leistung meines Erachtens bitter!

Das könnte jetzt meinem persönlichen Exemplar geschuldet sein, aber ein Kumpel von mir hat auch solch eine Vibe Machine, und da ist es nicht wirklich anders. Was nicht heißen soll, dass man nicht mit dem Teil arbeiten kann, aber sobald man ein anderes, nahezu beliebiges Vibe daneben liegt und somit die Vergleichsmöglichkeit hat, entpuppt es sich als verhältnismäßig nüchtern, schal und eher unmusikalisch.

Und das ist schade, da hier einige Weiber-Probleme zum ersten Mal vorbildlich gelöst wurden: Die Eingangsempfindlichkeit zum Beispiel ist dank Original/Bright/Custom anpassbar, ebenso wie Grit definiert, mit wie viel Biss das Signal ans nächste Glied der Klangkette weitergereicht wird. So ist die Vibe Machine nicht nur wie üblich am Anfang, sondern an jeder Stelle des Pedalboards einsetzbar; nachfolgende Zerr-Effekte kriegen dann so viel Presence, dass sie immer noch wie gewohnt tönen, so dass die Impedanz quasi egal wird; echt super, zumal echte Alleinstellungsmerkmale! :thumbsup03:

Andererseits neigt es etwas stärker zum Rauschen als andere Elaborate, was hier nicht unerwähnt bleiben soll. Überhaupt nicht kritisch, aber im Vergleich schon auffällig.

Zum Ende dann doch noch zwei positive Aspekte:

1. Die Verarbeitung ist amtlichst! :thumbs:

2. Nutzt man die Vibe Machine eher in höheren Geschwindigkeiten, bei denen man ja eh zum Zurücknehmen der Intensität neigt, und am besten mit Verzerrung, relativierten sich die Kritikpunkte übrigens ziemlich; hier macht das Dybell einen guten Job! :banana01:

Fazit: Für mich persönlich eher eines der schlechteren Vibe-Pedale auf dem Markt, Preis und Leistung stehen hier auf Kriegsfuß miteinander; Pedale um 100€, selbst Multieffekte, machen in meinen Ohren - andere Lauschlappen mögen das anders "sehen" - den besseren Job, nimmt man die wirklich vorbildliche Herzschlag-Kurve mal aus der Bewertung.

Pluspunkte sind hingegen die detailverliebten Einstellmöglichkeiten in Hinblick auf die restliche Peripherie, so man Bedürfnis wie Nerv hat, sich damit auseinander zu setzen, sowie die makellose Verarbeitung.

Ich kann leider nicht nachvollziehen, wie es andernorts zu den Lorbeeren für Drybells Vibe Machine kommt; ich finde, in Sachen Authentizität ist der Kaiser ist - bis auf eine Holzglocke in der Hand und Gitarre vorm Löhres - ziemlich nackt, bzw. maximal mit einem hauchdünnen transparenten Negligee bekleidet.

Ich mag es aber auch phasig-effektintensiv; ist man subtiler und/oder ausschließlich verzerrt bei höheren Geschwindigkeiten unterwegs, könnte die Vibe Machine wieder passen.

Aber auch dann gibt es günstigere Alternativen. ;)

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:

PS: Hier sowohl alleine als auch im direkten Vergleich mit Mitbewerbern; leider nur wenig langsames/cleanes Spiel dabei:



"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

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Re: Drybell Vibe Machine V-2

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 2. Dezember 2021, 10:14

Der Vollständigkeit halber: Die Vibe Machine meines Kumpels ist mittlerweile abgeraucht. ;)
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Re: Drybell Vibe Machine V-2

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 16. Dezember 2021, 11:12

In der Zwischenzeit hat Drybell eine V3-Version auf den Markt geschmissen.

Haben sie zuvor behauptet, dass sich mit V2 mühelos der Klang der ersten Version einstellen ließe, heißt es nun, dass V2 nur die Mitten und nicht Bass- und Höhenbereich abgesweept hat; das kommt ziemlich genau hin! ;)

Allerdings widerspricht das der ersten Aussage. Ebenso die Tatsache, dass sich V3 jetzt wieder an der ersten Version orientieren soll. :shock:

So unkoordiniertes Geblubbere ist es, was mich einer Firma grundsätzlich misstrauen lässt. :panic:

Liebe grüße,

Batz.
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Re: Drybell Vibe Machine V-2

Beitrag von tommy » Donnerstag 16. Dezember 2021, 11:36

Hohles Marketinggequatsche...sehe ich auch so!

Ist so wie bei G. Jedes Jahr wird das nun endgültig WIRKLICHE Geheimnis der original 59er entdeckt und fortan vom CS exakt reproduziert. :lol:
LG, Tommy


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LowBudget
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Re: Drybell Vibe Machine V-2

Beitrag von LowBudget » Donnerstag 16. Dezember 2021, 11:52

tommy hat geschrieben:
Donnerstag 16. Dezember 2021, 11:36
Hohles Marketinggequatsche...sehe ich auch so!

Ist so wie bei G. Jedes Jahr wird das nun endgültig WIRKLICHE Geheimnis der original 59er entdeckt und fortan vom CS exakt reproduziert. :lol:
Dabel kennen wir doch alle das endgültig WIRKLICHE Geheimnis der original 59er: Die wurden '59 gebaut! 8-)

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Re: Drybell Vibe Machine V-2

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 16. Dezember 2021, 12:01

:muahaha: :danke:
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tommy
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Re: Drybell Vibe Machine V-2

Beitrag von tommy » Donnerstag 16. Dezember 2021, 12:03

LowBudget hat geschrieben:
Donnerstag 16. Dezember 2021, 11:52
tommy hat geschrieben:
Donnerstag 16. Dezember 2021, 11:36
Hohles Marketinggequatsche...sehe ich auch so!

Ist so wie bei G. Jedes Jahr wird das nun endgültig WIRKLICHE Geheimnis der original 59er entdeckt und fortan vom CS exakt reproduziert. :lol:
Dabel kennen wir doch alle das endgültig WIRKLICHE Geheimnis der original 59er: Die wurden '59 gebaut! 8-)
WAAAAAAAS??? :shock: :panic: :mrgreen:

SPALTER!!! :manney: :mrgreen:
LG, Tommy


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