Korg Nuvibe

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Batz Benzer
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Korg Nuvibe

Beitrag von Batz Benzer » Sonntag 29. August 2021, 18:31

Gegenstand dieser Besprechung ist das Nuvibe von Korg, für dessen Sound-Design sich die japanische Firma den Urvater des Uni-Vibes, Fumio Mieda (Bild auf der Rückseite), ins Haus geholt hat: Es verspricht also, interessant zu werden! :mrgreen:

Bild

(Bildquelle: korg.com)

Junge, hatte mich dieses Aggregat wuschig gemacht als es 2014 auf dem Markt gepfeffert wurde: Das Konzept ließt schwerst aufhorchen, der saftige Preis in Höhe von 450€ hingegen sorgte dafür, dass es beim lauschigen Lauschen blieb; mittlerweile wird es nicht mehr angeboten. ;)

Im Gegensatz zum Original kommt das Nuvibe mit jeder Menge Transistoren statt Photozellen zu klanglichen Ergebnissen, da die traditionelle Methode der Wellenformung u.a. auf in Europa verbotenen Stoffen basiert und somit grundsätzlich ausschied, da Korg selbstmurmelnd auch diesen Markt erschließen wollte.

Man entschloss sich, aus diesem poenziellen "Bug" DAS Feature des Pedals zu formen, indem die zehn hintereinander beleuchtenden Fader ins Spiel kamen, die das Shaping der Wellenform frei modellierbar machen, so dass beim Nuvibe an dieser Stelle so dezidiert wie bei keinem anderen Vibe ins Sound-Design eingegriffen werden kann.

Weitere Bedienelemente sind ein On/Standby-Switch, der das Signal entweder unbearbeitet weiterleitet oder durch den Preamp des Nuvibes sehr angenehm einfärbt: Der Grundton wird etwas voller, dynamischer, mittiger und federnder, die Höhen treten zugunsten von Wärme angenehm nach hinten; ein klassischer Fall von "will man nicht mehr ausschalten". :thumbs:

Regler sind Volumen, Intensity und Speed, der linke Fußschalter lässt zwischen Chours- und Vibrato-Funktion wählen, der Fußschalter zur Rechten aktiviert den Effekt.

Sämtliche Anschlussmöglichkeiten finden sich an der Rückseite des Nuvibes: 9V-Anschluss, Input, Output sowie die Buchse für den Anschluss des beiliegenden Expression-Pedals.

Das Gehäuse selbst hat in etwa die Größe des Originals, ist also ein ganz schöner Klotz; das Gewicht entsprechend, da das Gehäuse aus grauem Metall - in grober Hammerschlag-Optik und somit stilecht Sechziger - gefertigt ist sowie eine schwarze, gebürstete Alu-Front sein Eigen nennt; die Bodenplatte ist wiederum aus Plastik und birgt eine Aufnahme-Klappe für sechs AA-Batterien.

Bild

(Bildquelle: https://smhttp-ssl-41820.nexcesscdn.net ... vibe_1.jpg)

Das bereits erwähnte Expression-Pedal ist analog zum Hauptgerät beschaffen und hat eine Bodenplatte aus Metall.

So viel zur äußeren Erscheinung, die zwar starke Anklänge ans Original aufweist, aber dennoch eigenständig zu nennen ist; alles strahlt eine edle, pragmatische Wertigkeit aus.

Stürzen wir uns in die Praxis: Tatsächlich bereichert das geräuschlose Einschalten des Geräts den Grundton wie oben beschrieben; so darf es gerne anfangen! :D

Aktivieren wie den Beriebsart "Chorus"... passiert erst einmal nix, so der Intensity-Regler nicht über die Mittelstellung "5" hinaus bewegt wird! Jenseits besagter 12h-Stellung kommt dann der von unzähligen Einspielungen bekannte Vibe-Effekt ins Spiel, zunächst phasriger, ab "7" dann auch physischer mit jeder Menge Throb bis zur Vollauslastung.

Tja, das hätte ich mir schlicht gleichmäßiger über den gesamten Regelweg gewünscht. :kopf_kratz01:

Speed setzt schon bei Linksanschlag des Potis vergleichsweise schnell an; dafür tut sich dann jenseits der "7" nix mehr, da das Nuvibe hier bereits die schnellste Ausrichtung erreicht hat; das hätte ich ebenfalls lieber anders kalibriert vorgefunden. ;)

Ist das Nuvibe das erste Gerät in der Klangkette und wird dergestalt hochohmig angesprochen (Ausnahme: aktive Pickups), erreicht man beim maximalen Volumen von "10" in etwa normales Laustärke-Niveau; manchen wird das evtl. schon etwas zu leise sein.

Abhilfe schafft man mit einem vorgeschalteten Buffer, also z.B. einem Standard-Boss-Pedal, welches das Signal niederohmig weitergibt; nun liegt bei ca. "7" eine ausgeglichene Effekt-Lautstärke an, alles darüber boostet das Signal.

Es hat also den Anschein als sieht Korg das Nuvibe im Verbund mit anderen Effekten. Zumal dies nicht die einzige Auswirkung eines vorgeschalteten Buffers ist: Das Effekt-Signal klart ebenfalls auf und liefert hörbar mehr Frische!

Das kennen wir so auch von anderen Uni-Vibe-Klonen, so dass ich nicht meckern, es aber erwähnen und festhalten mag: Vorteil sind schon mal zwei unterschiedliche Voicings, der Nachteil besteht darin, dass diese pro Einsatzgebiet festgelegt sind.

Und als wäre dies noch nicht genug, gibt es noch einen zweiten klaglichen Einfluss: Das Nuvibe tönt - je nachdem, ob das Expression-Pedal angeschlossen ist oder nicht - unterschiedlich! Und dieses reagiert wiederum je nach nieder- oder hochohmigem Signal davor jeweils anders, so dass sich folgende Grundsounds ergeben:

1. Hochohmig ohne Expression: Dunkler, effektintensiver, mehr "square wave".

2. Niederohmig ohne Expression: Klarer, rundere Wellenform, fließender.

3. Hochohmig mit Expression: Klarer, extensiverer Effekt, fließender.

4. Niederohmig mit Expression: Dunkler, dadurch eckiger wirkend.

Die Effektintensität kann mit Hilfe des Intensity-Reglers nachjustiert werden, erlaubt aber keine 100%ige Korrektur.

Bis hierhin haben wir uns noch gar nicht um die Wellenform gekümmert und dennoch bereits Einfluss auf selbige gekommen, was Intensity insofern waltet als mit zunehmender Intensität auch die Interpretation der Welle eckiger wird: Interaktion auf allerhöchstem Level! :ugeek:

Kommen wir nun zu besagten zehn Fadern: Sie entsprechen Filtern, die die Kurve klanglich gestalten; je höher der Regler, desto mittiger wird gefiltert.

Die Werkseinstellung, die dem Uni-Vibe-Original am stärksten entsprechen soll, ist durch weiße Balken vorgegeben und daher jederzeit abrufbar. Hier können nun sanfte wie brutalste Korrekturen vorgenommen werden, so dass die vorgegebene Wellenform entsprechend der eigenen Bedürfnisse leicht beeinflusst oder auch total umgekrempelt werden kann.

Letzteres kann jeder Depp, ersteres ist schwerer als ich gedacht habe: In meinem Fall habe ich die Wellenform weniger eckig nach oben verlegt, so dass es grundsätzlich "etwas wärmer und organischer schmatzt". Schon kleinste Eingriffe können drastische Wirkungen haben, so dass man m.E. mit Bedacht vorgehen und immer wieder vergleichen sollte; in jedem Fall ein tolles Feature, dem wir eine herrliche Lichtorgel verdanken! :sabber:

Obgleich wir schon lange in der Praxis sind, habe ich noch kein Wort zum generellen Klang verloren, und jetzt wird wohl auch offenkundig, warum das so ist: Der Sound variiert einfach zu stark für Allgemeinplätze!

Jetzt verstehe ich auch, warum sich die Geister an diesem Vibe scheiden: Die Möglichkeiten können in ihrer Interaktion tatsächlich zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen, so dass der eine im klanglichen Nirvana ankommen, der nächste vollkommen verloren ewig umher tapsen kann.

Grundsätzlich orientiert es sich dabei meiner Meinung nach an den früheren Uni-Vibes von Honey, womit das Nuvibe eher "physisch" zugunsten des Throbbings wie Tremolos ausfällt; es ist jedenfalls kein verkappter Phaser wie so manch anderes Aggregat, es neigt auch nicht zum Idealisieren, bzw. Schönfärben.

Und es verlangt nach Usern, die entweder wissen, was sie tun oder Spaß am Experiment haben. ;)

Wer gerne schraubt, findet im Inneren noch vier weitere Trimpotis; für diese müssen jedoch Teile des Geräts auseinander gefummelt werden, so dass ich mich mit diesen zusätzlichen Angeboten für Forgeschrittene gar nicht erst auseinander gesetzt habe.

Es ist also so gut wie alles drin beim Nuvibe; bleibt die Frage, ob mensch auch zu diesem Ziel findet oder sich unterwegs in den interaktiven Möglichkeiten verliert.

Zumal ich eine exzentrische Wechselwirkung noch gar nicht benannt habe: Ist der Effekt aktiviert und man legt den Switch auf Standby... kommt gar kein Signal mehr!

Und isses in der Live-Praxis auch eher unwahscheinlich, dass man zwischen On und Standby wechseln möchte, weist es dennnoch auf, dass hier ein paar Faktoren einfach nicht zuende durchdacht scheinen; alleine die Tatsache, dass der Anschluss des Pedals ins Klanggeschehen eingreift, wird manchen Interessenten eher abschrecken.

Und da wären wir auch bereits bei den Minuspunkten des Nuvibes: Es klingt je nach Anwendung (s.o.) unterschiedlich, was auch mit gewissenhafter Nachjustierung nie 100%ig kompensiert werden kann! Und wenn so auch diverse Klangangebote, die subtil bis klar voneinander differieren, gemacht werden, scheinen mir diese rein zufällig.

Außerdem sind da ja noch die merkwürdigen Regelwege von Volume, Intensity und Speed: Hätten es hier andere Werte nicht besser getan? ;)

Bei allem Meckern bleiben dennoch beeindruckende klangliche Alleinstellungsmerkmale des Nuvibe, die schlicht nicht von der Hand zu weisen sind: So gibt es tonale Ähnlichkeiten mit dem Honey-Original, die ich in gewisser Hinsicht noch bei keinem anderen Vibe authentischer gehört habe! :sabber:

Dabei geht es vor allem um eine Grund-Süße im Bass, die trotz prominentem Throbbings genauso vorherrschend ist, sobald eines der altvorderen Originale zwischen Ahornhals-Strat und Marshall-Turm geparkt wird.

Wer auf genau diese Formanten Wert legt, kommt Hendrix und auch Gilmour so nahe wie noch nie: Hier erklärt sich, weshalb es da draußen Guitarslingers gibt, die erst mit dem Nuvibe ihren Frieden gefunden haben und glücklich geworden sind!

Und weshalb es sich, aller Unbill zum Trotze, auch für Dich, lieber Leser, lohnen könnte, dem Korg-Klotz ein Ohr zu leihen. :thumbsup03:

Zu guter Letzt: Da ich mit der Vibrato-Funktion gar nichts anfangen kann, werde ich diese nicht rezensieren; die Verarbeitung ist auf hohem Niveau, alle Schaltvorgänge passieren sauber und geräuschlos.

Fazit: Ein ganz schön schrullig-verschrobenes Früchtchen, das Nuvibe von Korg! Für die 450€, die das Ding seinerzeit gekostet hat, ist es - dank gleich mehrerer kleineren Ungereimtheiten - zwar technisch nicht ganz ausgereift und dennnoch in der Lage, unterschiedlichste Variationen des Themas Uni-Vibe auf den Tisch zu zaubern, zwischen denen der ein oder die andere vielleicht endlich DEN Leib- und Magen-Sound findet.

Wichtig ist, sich Zeit mit dem Klotz zu lassen, da kleinste Eingriffe in die Wellenform bereits drastische klangliche Unterschiede zutage treten lassen.

Überdies muss man kein Hellseher sein um zu erkennen, dass sich auch dieses Stück Technik im Laufe der nächsten Jahre zu einem gesuchten Stück Equipment mausern wird, Fumio Mieda und einem bekloppten Markt sei Dank. 8-)

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:

PS: Hier meine bevorzugte Einstellung bislang:

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"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

- George Martin

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