Ein Video dazu gibt es hier
Fotos gibt es dazu von Gregor nicht, es gibt da so eine Anekdote, die ich vielleicht später aufgreife.
Beginnen wir mit dem Ist-Zustand beim Kauf, der Ömmes wiegt 2,8 kg, ist also ungefähr schwerelos. Es sind geschmacklose schwarze Sperzel verbaut, die ihren Job gut machen, aber optisch eine Katastrophe sind. Die originalen sind vorhanden, da werde ich prüfen, ob die problemlos rückbaubar sind. Kleine Treffer am Halsrücken, die beim Spiel unangenehm auffallen, habe ich etwas beigeschliffen, ebenso einige Glue Spills am kompensierten Sattel, den mal jemand eher suboptimal nachgerüstet hat (der aber erstaunlich gut funktioniert), zu guter Letzt war der Volume Poti fratze, der ist nun aber auch ersetzt. Kommen wir daher zur Gitarre selber respektive ihren "Specs".
Hmmm, welche Gitarre könnte hier Pate gestanden haben? Ihr habt es bereits erraten, die SG kommt hier in der Variante Junior, also Dots im Fretboard und nur ein P90 zur Klangdarreichung mit Wraparound Bridge. Ein sehr helles TV Yellow, mit Nitrolack gefinished, den man direkt danach wieder kaputtmacht, neudeutsch "aged". Das Ageing ist sehr gut gemacht, spielneuralgische STellen wie den Halsrücken hat man aber außen vor gelassen. Bei meinem Exemplar lässt sich schwer sagen, was Ageing ist und was echtes "roadwear", die hat in den gut 2 Jahren schon ordentlich gelitten - ausgehend von Plektrumspuren und DIngs, wo sie nicht hingehören, sogar echte Schweiß- oder Bier- oder Regenspritzer sind noch auf der Kopfplatte.
Die SG typische Kopflastigkeit liegt auch hier vor, ist aber kein Problem - auch bei glatten Gurten - wenn man den rechten Arm locker drauf hängen lässt, nur freihändig empfiehlt sich ein rauherer Gurt.
Die Kopflastigkeit wunder aber in sofern nicht, als das wir hier es nicht einem Mädchenhals zu tun haben wie den auf der Gibson 2016 naked. Nö, ein fettes, breites C, das man eher bei einer 50er Paula verortet, genau mein Ding! Natürlich bei der Bauform bis in die höchsten Lagen erreichbar. Hals und Korpus natrülich klassisch Mahagoni und das ist eine der wenigen Gitarren, bei denen man den "JahiichbinderOllivonSessionundichzeigeeuchheute" "Tonk" hört, den er bei Mahagoni unterstellt. In der Praxis kann man also schon mal den Bassregler am Amp etwas zurücknehmen, hier kommt richtig Kelle!
Der Amber P90 ist 'ne Wildsau: Gnadenlos, kernig, ehrlich, druckig, transparent, mitten in die Fresse! Die Gitarre ist kein Sustainmonster, hat aber auch nicht wenig davon, es lohnt sich mal wieder, um jeden Ton zu kämpfen, denn sie ist feinfühlig dosierbar, und das noch ohne Poti. Das wiederum ist mit einem Treblebleed versehen, der hier sehr geschmackvoll zu Werke geht, das habe ich auch schon anders erlebt. Da das gut funktioniert, wurde es beim Potitausch natürlich berücksichtigt, beim Löten verflucht man es jedenfalls. Damit sind aber klingelnde Clean Sounds auch bei geringer Dosierung und ordentlich Gain vom Amp möglich, sehr klasse, vor allem im Zusammenspiel mit dem Tone Poti. Man hat ja nur einen Pickup...
Die Badass Wraparound Bridge fühlt sich gut an und bietet jede Menge Regelweg für die Intonation, leider nicht mehr für die Saitenlage. DIe ist zwar okay, wie sie ist, leider leidet sie aber unter dem gleichen Problem wie mancher Gibson Lightning Bar. Das Spiel an den Bolzen ist zu groß und das ganze Ding kippt massiv nach vorne. Wenn man jetzt die letzten Millimeter aus der Saitenlage quetschen will, liegt die Ecke auf der Decke und macht dort, was Metallecken auf Nitrolack so machen: Kaputt!
Umgehen lässt sich das mit Steckscheiben oberhalb der Bridge oder mit neuen, genauer gefertigten Bolzen. Diese Entscheidung brauche ich nicht sofort, aber beim nächsten Saitenwechsel werde ich sie treffen. So etwas ist ja ganz reizvoll, wenn man auf rumbasteln steht, allerdings eigentlich nicht bei einer Gitarre, deren Neupreis zwischen 1700 und 1900 € pendelt.
Haben wir alles? Nein, das E-Fach ist komplett mit Kupferfolie ausgekleidet, schadet nicht, ist IMHO bei einem P90 sinnlos, der brummt eh auf Teufel komm raus, wenn Halogen, Neon, AKW oder russische Radiosender in der Nähe sind. Der Koffer ist der typische Maybach Luxuskoffer, dem - wie ich finde - "Pornokoffer" viel besser passt.
Kommen wir zum eigentlichen Daseinszweck einer Gitarre: Geil aussehen! Ja, ist gecheckt, passt!
Bespielbarkeit ist für Freunde dicker Prügel... ähh... Hälse, ganz hervorragend, ich bin hellauf begeistert, ob im Sitzen im Stehen oder beim Nudeln auf der Couch liegend, das macht richtig Spaß. Der Sound: naja, man kann sie beim Netflixen im Wohnzimmer nebenbei über einen kleinen Blackstar Fly spielen, klingt klasse, direkt, ehrlich und Easy Listening kompatibel. Mir gefällt sie aber am besten an der Front, dicke Amps, viele Speaker: Man hat sozusagen Angus und Malcolm auf einmal, den Druck, die Klarheit oder Ortbarkeit, die Aggressivität und auch ordenlich Singen im Ton. Irgendwie eine Manowar Attitüde aber ohne Metal, für einen einzelnen Pickup auch sehr flexibel und überzeigend im Cleanbereich. Als Beispiel sei hier der Cowboy Song von Thin Lizzy angeführt, der von richtig cleanem Intro über crunchy Rhythm bis zu spektakulären zweistimmgen Licks und Soli führt, alles mit einem Pickup und einem Ampsetting. Gerne weitere Fragen zu Details.
Fazit: Ich hatte noch nicht allzu viele Gibson SGs in der Hand, aber die waren alle nicht so meins wie diese Maybach. Und damit meine ausdrücklich nicht "nicht so gut", sondern nur "nicht so meins".
