Neo Instruments Ventilator II

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Diet
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Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von Diet » Freitag 24. Oktober 2014, 11:22

Moin,

ein Testbericht für meine guitartest.de Website ist gerade fertig geworden, den möchte ich hier mal posten um das Gerät zu feiern.
Ich kaufe es nämlich, weil es mir total gefällt!

Ich habe gerade vor ein paar Tagen Greg Koch live hier in Lübeck gesehen und gehört, wie klasse der Rotary Effekt auch mit der Gitarre klingt. Er hat mit einem Pedal in einen Fender Super Reverb gespielt. Wie es dann eben so ist bei uns Gitarristen suche ich daher gerade nach einem Leslie bzw. Rotary Speaker Effekt in Pedalformat. Der Ventilator der deutschen Firma Neo Instruments in Fulda kommt mir daher gerade zur rechten Zeit ins Haus.
Eben jener Greg Koch äußert sich übrigens in einem Youtube Clip sehr positiv über genau dieses Pedal. Es kann also sehr gut sein, das ich es bei ihm vor ein paar Tagen auch gehört habe.

Der Rotary (oder Leslie-) Effekt mit den sich drehenden Lautsprechern scheint gerade wieder etwas in Mode zu kommen. Es gibt einiges an Konkurrenz in Pedalform. Z.B. auch von Hammond, der Firma, die mit dem Effekt gerade in Bezug auf die Hammond Orgeln immer in Verbindung gebracht wird.
Nebenbei: Lustig dabei ist, dass laut Wikipedia gerade eben diese Firma Hammond bzw. der Herr Hammond die Erfindung des Herrn Leslie anfangs (1940) total ablehnte. Erst 1980 kam es zu einer Zusammenarbeit.

Der Ventilator ist digital, stereo und es gibt jede Menge zu regeln. Er kann in den Effektweg oder auch vor den Verstärker oder vor ein Mischpult. Er kann mono und stereo betrieben werden und ist natürlich bestens auch für die Tastenfraktion geeignet. 12 Volt möchte er gerne haben, ein passendes Netzteil wird mitgeliefert. Das Gehäuse ist sehr solide aus zwei Stahlblechteilen verschraubt, die Regler sitzen versenkt und damit trittsicher auf dem Pedal. Verarbeitet ist das Teil tadellos. Die fünf Potis haben alle jeweils zwei Funktionen, es gibt zwei Funktionsebenen, zwischen denen man durch das gleichzeitige Drücken der beiden äußeren Fußschalter hin- und her schalten kann. Die Regelpositionen der zweiten Ebene werden gespeichert und bleiben erhalten. Auch beim Ausschalten des Pedals.

Die Buchsen sitzen alle oben in der Stirnseite des Pedals. Es gibt zwei In und zwei Out, dazu den Netzteilanschluss und eine Remote Buchse, an der ein Schalter oder auch ein Expression Pedal angeschlossen werden kann. Diesem Teil kann man dann über ein Poti vier verschiedene Funktionen zuordnen. Und zwar das Steuern der Effekt- bzw. Rotorgeschwindigkeiten und der Effekttiefe per Exp. Pedal und per Taster oder Schalter die Stop und Slow/Fast Fernsteuerung.
Außerdem gibt es noch einen Taster für zwei Eingangsempfindlichkeiten zur Anpassung an das jeweilige Instrument. Kommt zu viel hinein, dann warnt eine rote Overload LED. Es gibt außerdem drei Soundmodes. Zwei für die Gitarre und einen für die Orgel. Dies muss man aber nicht so zwingend sehen, man kann durchaus auch den Orgel Mode für die Gitarre verwenden. Es sind halt drei unterschiedliche Klang-Voreinstellungen. Der Geschmack entscheidet. Ich selbst habe meist den neutralen Git 1 Mode eingestellt.

Ich kann nicht komplett alle Funktionen des Regelwerks hier beschreiben, das würde den Test sprengen. Es gibt z.B. sechs verschiedene Modes für das Verhalten der Slow/Fast und Stop Schalter. Ich versuche lieber, mich halbwegs kurz zu fassen und nur das Wichtigste zu beschreiben.

Simuliert werden zwei Rotoren: Hi und Low. Beide haben zwei einstellbare Geschwindigkeiten, Fast und Slow. Zwischen diesen beiden kann man hin- und her schalten. Und genau dabei passiert etwas für ein Leslie sehr charakteristisches, das so ein Pedal simulieren muss. Das ist fast schon ein "Effekt im Effekt". Die Rotoren werden nämlich langsam abgebremst und beschleunigt, und dabei die beiden Rotoren auch noch leicht unterschiedlich. Die Dauer dieses "Effekts", also die Zeit des Abbremsens und des Beschleunigens kann auch geregelt werden. Zwei LEDs, eine gelbe für Lo und eine rote für Hi blinken übrigens in der Geschwindigkeit des jeweiligen Rotors. Die Geschwindigkeiten werden auch optisch dargestellt.

Außerdem wird die Röhrenverzerrung des Leslie-internen Verstärkers simuliert. Dafür gibt es einen Drive Regler. Der Balance Regler regelt das Lautstärkeverhältnis der beiden Rotoren, was auch eine gewisse Klangregelung ergibt. Wird mehr Hochtonhorn eingedreht, wird auch der Klang heller während mehr Bassrotor eben auch mehr Bass bedeutet. Weiterhin kann man für jeden Rotor einzeln die Modulationstiefe, also die Effekttiefe einstellen. Zu guter Letzt ist dann auch noch für jeden Rotor der Abstand des virtuellen Mikrofons regelbar. Ist das Mikrofon näher dran wird der Klang auch "direkter" mit mehr Modulation. Ist es weiter weg, dann wird der Klang etwas diffuser und verwaschener.

Und dann sind natürlich noch kurz die drei Fußschalter zu beschreiben. Bypass schaltet den Effekt aus, das Pedal hat einen True Bypass. Slow/Fast schaltet zwischen den zwei Geschwindigkeiten und Stop ist die Totalbremse. Der Effekt wird dann immer langsamer, bis die Rotoren stehen bleiben, und zwar mit Strahlrichtung nach vorn. Seeehr cool klingt dieses Langsamerwerden! Ich könnte mich reinlegen in diesen Effekt, insbesondere wenn zwei Amps angesteuert werden, also bei Stereobetrieb. Stehen die Rotoren still, ist noch der Sound der Ampsimulation mit ggf. zerrenden Röhren da. Nicht schlecht!

Apropos Stereo: Erst dann geht es richtig los! Es klingt auch klasse vor einem Mono Amp, aber mit zweien ist das noch mal was ganz anderes. Herrlich.

Kommen wir endlich zum Klang. Klingt es wie ein Leslie? Ein echter Leslie-Kübel ist sicher unschlagbar, da ist einfach zu viel Physik und bewegte Luft mit im Spiel. Das kann so ein Pedal i.V. mit einem Verstärker neben einem echten Leslie stehend nicht wirklich leisten, glaube ich.
Die Frage muss man wohl eher so formulieren: Klingt es wie ein Leslie auf Aufnahmen? Ich finde ja. Es schwirrt herrlich oder schwebt wunderbar bei langsamer Fahrt. Es kann sehr sauber, fast schon analytisch klingen, aber auch richtig schön schmutzig in Verbindung mit der integrierten Zerrsimulation oder mit Verzerrung, die von Außen kommt. Für mich klingt das absolut authentisch. Sounds a la SRVs Cold Shot sind eine leichte Übung für den Ventilator, Claptons bzw. Creams Badge kriegt man auch sehr gut hin. Man muss sich aber etwas einarbeiten in das Regelwerk um den Sounds, die man sich vorstellt nahe zu kommen. Schon ein bisschen schneller, ein bisschen langsamer kann da viel ausmachen. Dann sind da die drei Modes und die Zerrsimulation, die Balance, die Mikroposition, das Pedal ist sehr vielseitig! Und die Krönung ist das langsame Abschwellen. Einfach herrlich gelungen.

Mein subjektives Fazit:
Die Suche nach einem Leslie Pedal ist für mich vorbei. Der Ventilator macht alles, was ich mir darunter vorstelle richtig klasse! Deshalb habe ich das Pedal auch gekauft. Es ist nicht gerade günstig, aber man bekommt auch echt was für sein Geld.

Gruß Diet

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Batz Benzer
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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 24. Oktober 2014, 11:28

Genau dieses Pedal steht ebenfalls sehr weit oben auf meiner Do To-Liste: Ist das Boss RT-20 zwar gut und schön und macht den Job, kommt bei mir erst mit Ventilator der ganze Spaß auf: Ein irrsinnig komplexer, schöner Ton!

Hach, so viel Zeug, so wenig Geld... :smoke01:

Gruß,

Batz.
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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von Wizard » Freitag 24. Oktober 2014, 11:50

Sehr gutes Review, Diet :thumbsup03: Ich bin auch ein großer Freund solcher Teile.
Stolzer Preis, aber Qualität hat nun mal (meistens) seinen Preis.
Gruß Peter

immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<

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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von telly45 » Freitag 24. Oktober 2014, 11:54

Ein tolles Review, wie von Dir gewohnt, Dieter :thumbsup02:
Gruß Rainer

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Magman
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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von Magman » Freitag 24. Oktober 2014, 12:58

Dieter herzlichen Dank für dein wirklich aufschlussreiches Review. Ich habe den Ventilator MKI schon mal getestet und fand den auch in dieser Versuon schon sehr gut. Ich habe ja über mehrere Jahre ein H&K Rotosphere in meinem Stereo Setup gespielt und das bildete sozusagen ein großer Teil meines Sounds. Heute habe ich Hammond und Rhodes in der Band und da wäre ein Rotary, oder Leslie im Gitarrensignal einfach zu viel des Guten. Nicht desto trotz mag ich diesen Effekt immer noch sehr gerne. Wenn ich Gelegenheit habe werde ich mir den Venti MKII mal näher betrachten.
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MonacoFranke
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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von MonacoFranke » Sonntag 26. Oktober 2014, 12:13

Danke für das umfassende Review. Was mich interessieren würde: Kann man den Vent II auch in einen Effektweg einschleifen oder muss er vor den Amp?

Hintergrund meiner Frage: Ich versuche mein Board selbst so klein wie möglich und möglichst unabhängig von externer Stromversorgung zu halten. Den Vent würde ich daher lieber beim Amp platzieren.

Grüße
Frank
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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von Diet » Mittwoch 29. Oktober 2014, 08:49

MonacoFranke hat geschrieben:Danke für das umfassende Review. Was mich interessieren würde: Kann man den Vent II auch in einen Effektweg einschleifen oder muss er vor den Amp?

Hintergrund meiner Frage: Ich versuche mein Board selbst so klein wie möglich und möglichst unabhängig von externer Stromversorgung zu halten. Den Vent würde ich daher lieber beim Amp platzieren.

Grüße
Frank
Moin Frank,

ich zitiere mich mal selbst aus meinem Testbericht:

Er kann in den Effektweg oder auch vor den Verstärker oder vor ein Mischpult.


;)

Im Effektweg am Amp platziert musst Du Dir ja aber dann noch Gedanken in Sachen Bedienung des Pedals machen.
Es hat eine Remote Buchse. Steht alles im Testbericht.

Gruß Diet

Edith: Dazu fällt mir noch etwas ein. Ein 12 Volt Netzteil wird ja mitheliefert. Polung andersherum als bei den meisten Standard Netzteilen. Also nicht Minus auf dem Tip sondern Plus. Das musste ich z.B. auch bei meinem Board beachten. Ich hab da z.B. das Fame DCT 200 Multinetzteil, das ja auch 12 Volt DC kann benutzt. Einfach angeschlossen -> Nix Effekt. Ist nicht schlimm, da das Gerät gegen Verpolung geschützt ist. Umpolen und gut ist. Nur zur Info!

Die 12 V Ausgänge am Fame liefern aber max. 250 mA, der Ventilator braucht laut Manual max. 300 mA. Ich denke mal, das mitgelieferte Netzteil ist deshalb die bessere Alternative. Die meisten Multinetzteile für Boards, z.B. das T Rex Ding liefern aber die 300 mA an 12 Volt.

Nur zur Info!
Zuletzt geändert von Diet am Mittwoch 29. Oktober 2014, 15:42, insgesamt 3-mal geändert.

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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von FretNoize » Mittwoch 29. Oktober 2014, 13:41

Ich hab mir heute nach langer Überlegung den Mobius bestellt. Man liest überall, daß die Leslie-Simulation vom Ventilator besser sind, aber das Strymon bietet für den Preis einfach mehr. Mal sehen (hören)...
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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von Batz Benzer » Sonntag 16. November 2014, 12:58

Freunde,

ich spiele gerade mit dem Gedanken, mir einen Ventilator zuzulegen: Ich frage mich nur, ob es das große Ventilator II oder das Mini Vent sein soll.

Vorteil des großen Geräts: Man kann wesentlich mehr Einfluss auf das Klanggeschehen nehmen und muss sich nicht mit festen Presets begnügen.

Vorteil des Minis: Man spart Platz und muss sich nicht mit allen Möglichkeiten beschäftigen. Überdies ist es 100€ günstiger - aber bereut man diese Ersparnis nach einger Zeit?

Wer kennt die Geräte und mag mich seine Meinung wissen lassen?

Besten Dank und einen schönen Sonntag,

Batz. :smoke01:
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Magman
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Re: Neo Instruments Ventilator II

Beitrag von Magman » Sonntag 16. November 2014, 19:00

Den gleichen Gedanken habe ich gerade auch Batz. Ich hab nur noch das H&K Rotosphere mit auf der Liste welches immer noch Referenz darstellt. Aber da ich so klein, leicht und kompakt wie möglich bleiben möchte werde ich Aussschau nach dem Mini Vent halten. Was ich bislang gesehen und gehört habe klingt das nämlich sehr passabel und reicht auch von der Ausstattung her voll aus für uns Gitarristen.
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