Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Selbst ist der Gitarrist: Reparieren, Pimpen, Customizen, Eigenbauten
Benutzeravatar
Motörheiko
Beiträge: 1828
Registriert: Sonntag 29. Mai 2016, 19:16

Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von Motörheiko » Montag 24. Oktober 2016, 14:21

Hallo zusammen,

Das leidige Thema "es brummt" muss der Vergangenheit angehören - so mein Ansatz den das große FAME DCT200 Netzteil bei mir ebensowenig erfüllt wie einige Pendants u.a. von Palmer, Harley Benton, T-Rex etc...

Woran liegt das nun, was ist wahr, was ist falsch und was für Varianten und Ursachen gibt es? Ich hab mir dazu Gedanken gemacht und diese zusammen mit einem Hardwareentwickler durchdiskutiert. Fangen wir mit ein paar Grundlagen an und ich bleibe im Bereich der Netzteile mit Transformator, Schaltnetzteile bleiben außen vor.

1.) Einfaches Netzteil / (z.B. Steckernetzteil mit Daisy Chain). Es gibt einen Trafo der die Wechselspannung von 240V auf z.b. 9V Wechselspannung herunterregelt. Mit einem Gleichrichter lässt sich diese Wechselspannung gleichrichten, wobei keine konstante, sondern immer noch eine pulsierende (brummende) Spannung entsteht. Graphisch entspricht das einer Sinuswelle, deren negativer Anteil nach oben geklappt wird. Durch den Kondensator, der sich auflädt und nach Bedarf die Ladung wieder abgibt, kann diese geglättet werden. Es entsteht eine Gleichspannung die max. um den Faktor 1,4 (Wurzel 2) größer ist als die Wechselspannung, also bei 9V Wechsel- ergeben sich ca. 12V Gleichspannung. Das ist die einfachste Form eines Netzteils mit einfacher Glättung, wobei ein Restbrumm verbleibt. Dieser kann z.B. mit einem Spannungsregler noch auf "richtig" konstante 9V gebracht werden. Wird jetzt im Netzteil diese Spannung parallel auf 5 Buchsen verschaltet (das entspricht dem Prinzip der Daisy Chain Kabel) so liegen alle 5 angeschlossenen Pedale mit ihren unterschiedlichen Schaltungen an genau der selben Stromquelle und sind parallel miteinander gekoppelt. Diese Art Ausgänge können NICHT benutzt werden, um z.b. zwei Buchsen in Serie zu schalten um einen 18V Ausgang zu erzeugen, weil man das Netzteil kurz schließt. So sind z.B. die 8 Stück 9 Volt Ausgänge des Harley Benton Power Plant aufgebaut.

2.) Isoliertes Netzteil. Es gibt immer noch einen Trafo, allerdings gibt es mehrere Gleichrichter. Somit entstehen voneinander "isolierte" Ausgänge, deren Spannungen sogar variieren können (9V, 12V) .. je nach verwendetem Trafo. Diese Ausgänge können in Reihe geschaltet werden um z.B. einen 18V Ausgang zu erzeugen. Die Pedale hängen in diesem Fall alle an einem eigenen Gleichrichter, teilweise mit unterschiedlichen Spannungen oder sogar mit regelbaren Spannungen. Die Netzteile sind somit mit voneinander isolierten Spannungen versorgt, aber alle diese Gleichrichter hängen nunmal trotzdem noch gemeinsam an einem einzigen Transformator. Zu dieser Gattung gehört das FAME DCT200.

3.) Galvanisch getrenntes Netzteil. Es gibt pro Ausgang einen eigenen Trafo, Gleichrichter und Spannungsregler. Die Ausgänge können miteinander verschaltet werden, die Pedale sind galvanisch voneinander getrennt. Sprich jedes Pedal hängt ursprünglich an seiner eigenen Trafowicklung es gibt keine gemeinsamen Teile der Schaltung, wie bei den oberen beiden Beispielen. Diese Form von Netzteil sind die einzigen, die wirksam und konzeptbedingt zu keinem Brumm führen, leider auch die teuersten Ihrer Gattung.

Woher kommt denn jetzt der Brumm?
Hat man ein sehr billiges Netzteil ohne Spannungsregler, so wird die Gleichspannung durch den Gleichrichter erzeugt (hochgeklappter Sinus) und durch den Kondensator lediglich geglättet - es verbleibt ein Restbrummen. Okay dann besorg´ ich mir eben ein stabilisiertes Netzteil und gut is ... leider Nein. Denn außer dem Netzbrummen aus dem Netzteil gibt es noch weitere Brumm und Störanteile aus der "Steckdose" - diese können mittels Netzfiler am 240V Eingang eliminiert werden - aber trotzdem verbleibt manchmal ein Brummen.

Das sind die Brummschleifen, die beim Verschalten verschiedener Pedale entstehen. Alle Pedale haben einen Minuspol, der Schaltungstechnisch in den meisten Pedalen die Masse ist. Jedes Pedal ist nun anders aufgebaut und hat eine andere Schaltung, andere Bauteile und somit auch eine andere Masseführung. Wer den Begriff Masseführung mal im Internet recherchiert wird feststellen, das Masseführung und Brummen im Audiobereich ein sehr bekanntes Phänomen sind, so auch bei unseren Pedalen. Warum?

Durch das Parallelschalten diverser Effekte (verschiedener Masseführungen) entstehen nun diese Brummschleifen. Manche dieser Brummschleifen werden durch isolierte Netzteile beseitigt bzw. das Brummen wird mehr oder weniger stark reduziert, ersetzt man aber nur ein Pedal, kann sich das zum Guten / Schlechten ändern. Trotz der isolierten Gleichrichter hängen diese Pedale immer noch am selben Transformator und können immer noch sozusagen "durch die Gleichrichtung hindurch" brummen. Hier hab ich schon Kommentare gelesen a la "im Netzteil sind die Gleichrichter sehr nahe beieinander, daher entstehen Störungen" - das ist Unfug, Schuld ist hier der gemeinsame Trafo. Es genügt ein einziges Pedal das an einer bestimmten Stelle brummt und dieses Brummen z.B. beim zuregeln von Gain/Volumen noch verstärkt - genau jenes Pedal kann mit anderen Pedalen zusammen am gleichen Netzteil relativ "brummfrei" auftreten ... isso ... leider ... und ohne Kenntnis der Schaltungen, Platinenlayouts und ohne Kenntnisse in Sachen Masseführung kann man mal grad gar keine verlässliche Regel aufstellen. Einzig die - und dieser Versuch ist oft einfach nachzubilden - dass man jedes Pedal mit einer eigenen Batterie versorgt und schon ist Ruhe ...

Abhilfe schafft *tätääää* endgültig in diesem Fall nur ein galvanisch getrenntes Netzteil, da hat dann jeder Effekt seinen eigenen Trafo, was dem Betrieb der Effekte mit eigenen Batterien entspricht. Es ist im übrigen völlig egal, ob die Pedale analog oder digital betrieben werden, 2 Pedale unterschiedlicher Bauform und Art können brummen oder nicht. Auch die Aussage "für vor dem Amp und Effektloop ein eigenes Netzteil genügt" ist schlicht falsch.

Aber warum landet das jetzt im DIY!? Es gibt doch solche Netzteile, aber die kosten richtig Geld und können so was - aber einige heißen im Onlineshop "galvanisch getrennt", auf Herstellerseite und Anleitung nur noch "isolated". Galvanisch getrennt heisst dann übersetzt galvanically isolated, electrically isolated und manchmal nur noch isolated - hrmpf - ja was denn nun ... Die "Edelliga" wie Voodoo Labs, Pigtronix etc. rufen ja pro Ausgang ja mal schon 30-40€ auf, da lohnt doch vielleicht ein Blick auf ein Eigenbauprojekt, um so ein Edelnetzteil selbst zu bauen...

Und genau das habe ich vor um Ruhe in mein Brett zu bringen und für einige Eventualitäten vorbereitet zu sein...

Pro Ausgang werden in der Basisversion also benötigt:
- 1 Transformator 200V/9V - 3-5€ in Printausführung je nach Stromstärke, z.B. 3,50 für 500mA
- 1 Gleichrichter mit Spannungsregler - 4,80€ als Bausatz mit Platine, z.B. bei uk-electronic
- 1 Ausgangbuchse - 0,20 - 1,50€

Wenn man jetzt noch die Schaltung von uk-electronic mit einem weiteren Elko und einer Leerlaufdiode "pimpt", bleibt´s bisher noch knapp unter 10€ !!!
Da ich gerne etwas "Reserve" möchte und zusätzlich dem Fehlerteufel vorbeugen will, habe ich vor die Trafos auf eigene Platinen zu löten (Streifenplatine) und die Gleichrichterbausätze auch separat zu halten - somit besteht jeder Ausgang aus 2 Platinen - Vorteil - ich bin "modular" und kann da auch mal die einzelne Komponenten tauschen. Außerdem kann "mal schnell" statt 9Volt ein 12Volt Ausgang "bestückt" werden - anderer Trafo, anderer Spannungsregler - fertig ... Wenn das soweit gut geht, kann man auch mal einen regelbaren Spannungsregler einsetzen, und so einen z.B. von 5 bis 9 Volt regelbaren Ausgang machen ... Wenn die Basisversion steht, geht´s mit Spielereien los ;-)

Soweit mal der theoretische Abriss - sobald ich wieder fit bin, werde ich mal den Platz auf dem Board messen, ein passendes Gehäuse suchen und dann mal überlegen, wie man das am praktischsten bestückt. Aktuell würden mir 7 Ausgänge genügen, ich plane aber mal lieber gleich ein paar mehr mit ein, man weiß ja nie.

Sobald es an die Umsetzung geht, füttere ich euch hier mit den Bildern der Entstehung ...

Grüße,
Heiko

EDIT: ein Link zum Thema ... http://www.elektronik-kompendium.de/sit ... 204301.htm
Zuletzt geändert von Motörheiko am Montag 24. Oktober 2016, 19:03, insgesamt 2-mal geändert.
notasis - Oasis Tribute Band

Benutzeravatar
setneck
Beiträge: 3080
Registriert: Mittwoch 22. Oktober 2014, 08:17

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von setneck » Montag 24. Oktober 2016, 14:28

Fügst Du auch ein Bestellformular ein? :mrgreen:
Schöne Jrööss,
Thomas

Benutzeravatar
Electric Mud
Beiträge: 351
Registriert: Mittwoch 22. Oktober 2014, 14:16

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von Electric Mud » Montag 24. Oktober 2016, 18:56

Danke für den wirklich lehrreichen Beitrag!
Ich warte gespannt auf die Fortsetzung und hoffe auf Bilder der Umsetzung :thumbsup02:

Benutzeravatar
Magman
Beiträge: 17737
Registriert: Montag 13. Oktober 2014, 18:17
Kontaktdaten:

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von Magman » Montag 24. Oktober 2016, 22:37

Klasse Heiko :thumbsup03:

Und wie das gerade passt :o Ich habe mir ja das neue MXR Echoplex gekauft - welches wirklich saugeil ist! - und habe seit dem ein ganz leichtes fiepen vernommen was mich nervte. Egal ob nun mit dem Fame Mini, oder dem Caline Netzteil. Ich arbeite so halt derzeit mit dem Original MXR Netzteil an dem Delay und Ruhe ist.

Dein Vorhaben interessiert mich deshalb brennend :thumbs:
Bild
STOMPIN' HEAT …we are ready to rock :mosh:

Benutzeravatar
FretNoize
Beiträge: 1378
Registriert: Mittwoch 22. Oktober 2014, 23:03

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von FretNoize » Dienstag 25. Oktober 2016, 10:20

Dumme Frage: Wenn Du einen Trafo 220/9V nimmst, und die 9V dann durch Gleichrichter und Glättung schickst, bleiben denn da noch 9V stabiler Gleichstrom übrig, den Du auch mit 1A belasten kannst?
Top ten reasons why I'm lazy
1.

Benutzeravatar
Motörheiko
Beiträge: 1828
Registriert: Sonntag 29. Mai 2016, 19:16

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von Motörheiko » Dienstag 25. Oktober 2016, 11:13

FretNoize hat geschrieben:Dumme Frage: Wenn Du einen Trafo 220/9V nimmst, und die 9V dann durch Gleichrichter und Glättung schickst, bleiben denn da noch 9V stabiler Gleichstrom übrig, den Du auch mit 1A belasten kannst?
Hy Holgi,

Aus den 9 Volt Wechsel werden rechnerisch 12,6 Volt Wechsel (Faktor Wuzel aus 2 sprich 1,41) abzüglich etwas Verlust vo den Dioden - es bleiben also locker 11,5 Volt übrig.
Diese werden dann von einem Spannungsregler auf 9V runtergebügelt, dann sind das richtig stabile 9Volt. Der Strom hängt primär vom Trafo ab - wenn der Trafo 1A kann (bei 9 Volt hat der dann 9 VA Leistung) dann muss der Spannungsregler auch 1A können (kann der Standard mit Kühlkörper).

Ich werde die einzelnen Trafos mit 500mA auslegen, das genügt so ziemlich - sollte ich mal für einen "Mördereffekt" tatsächlich 1A benötigen kann man entweder einen Ausgang mit 1A auslegen oder 2 Ausgänge parallel schalten, denn dann summierten sich die Ströme und der Ausgang kann mit 2*500mA = 1A belastet werden.

Aloah,
Heiko
notasis - Oasis Tribute Band

Benutzeravatar
FretNoize
Beiträge: 1378
Registriert: Mittwoch 22. Oktober 2014, 23:03

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von FretNoize » Dienstag 25. Oktober 2016, 11:26

Tiptop Hasi, ich sehe, Du hast die Arithmetik im Griff ;) Ich hatte die Strymons im Gedächtnis als Stromfresser, aber die wollen auch nur 300mA. Das Maximum ist mein Van Welden Royal Overdrive, der zieht glaube ich noch mehr, aber der kommt eh nicht aufs Pedalboard.

Noch eine Frage, es gibt nicht zufällig Trafos mit mehreren 9V Sekundärwicklungen?
Top ten reasons why I'm lazy
1.

Benutzeravatar
Magman
Beiträge: 17737
Registriert: Montag 13. Oktober 2014, 18:17
Kontaktdaten:

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von Magman » Dienstag 25. Oktober 2016, 11:55

Das Harley Benton PowerPlant Junior soll ja ein galvanisch getrenntes Netzteil sein. Wär ja dann ein gutes PLV ;)

Mal noch ne dumme Fragen an die Experten. Mein Fame Mini Netzteil (welches ich klasse finde) hat ja einen 12V Eingang. Wenn ich da nun z.B. einen 12V 4,5Ah Akku aus dem Modellbau dranhänge sollte das Fiepen doch auch ein Ende haben, oder liege ich da falsch?


Und hier gibt es auch jede Menge Fachwissen und gute Tipps zum Thema :thumbs:
Bild
STOMPIN' HEAT …we are ready to rock :mosh:

Benutzeravatar
Motörheiko
Beiträge: 1828
Registriert: Sonntag 29. Mai 2016, 19:16

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von Motörheiko » Dienstag 25. Oktober 2016, 12:57

FretNoize hat geschrieben:Tiptop Hasi, ich sehe, Du hast die Arithmetik im Griff ;) Ich hatte die Strymons im Gedächtnis als Stromfresser, aber die wollen auch nur 300mA. Das Maximum ist mein Van Welden Royal Overdrive, der zieht glaube ich noch mehr, aber der kommt eh nicht aufs Pedalboard.

Noch eine Frage, es gibt nicht zufällig Trafos mit mehreren 9V Sekundärwicklungen?
Gibt´s - ich glaube sogar daß das Fame DCT200 so einen Aufbau hat, und - du warst ja dabei - trotzdem brummt, und zwar über die Sekundärwicklungen, die in dem einen Trafo drin sind - daher wenn schon, denn schon alle Trafos separat! In manchen Foren wird behauptet, es käme davon, dass die Gleichrichter zu Nahe beieinander wären - das ist Mumpitz ...
Zuletzt geändert von Motörheiko am Dienstag 25. Oktober 2016, 13:03, insgesamt 1-mal geändert.
notasis - Oasis Tribute Band

Benutzeravatar
Motörheiko
Beiträge: 1828
Registriert: Sonntag 29. Mai 2016, 19:16

Re: Netzteil - DIY & Goodbye Brumm

Beitrag von Motörheiko » Dienstag 25. Oktober 2016, 13:01

Magman hat geschrieben:Das Harley Benton PowerPlant Junior soll ja ein galvanisch getrenntes Netzteil sein. Wär ja dann ein gutes PLV ;)

Mal noch ne dumme Fragen an die Experten. Mein Fame Mini Netzteil (welches ich klasse finde) hat ja einen 12V Eingang. Wenn ich da nun z.B. einen 12V 4,5Ah Akku aus dem Modellbau dranhänge sollte das Fiepen doch auch ein Ende haben, oder liege ich da falsch?


Und hier gibt es auch jede Menge Fachwissen und gute Tipps zum Thema :thumbs:
Hmm, allerhöchstens ein Trafo mit mehreren Sekundärwicklungen - Problematik siehe Post davor ... bei dem Preis bestimmt keine Einzeltrafos. Hat jemand ein Bild von dem Ding in aufgeschraubtem Zustand zur Verfügung - würde mich voranbringen ;-)

Zu deinem Fame - Wenn du das mit einem Akku speist, könnte das funktionieren - musst du ausprobieren - ich weiss nicht was in diesen "neumodischen" kleinen Kisten drin ist, denen ein Netzteil vorgeschaltet wird ...
notasis - Oasis Tribute Band

Antworten