Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Selbst ist der Gitarrist: Reparieren, Pimpen, Customizen, Eigenbauten
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lemmy
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Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von lemmy » Freitag 22. November 2019, 16:28

Hallo Zusammen,

ist schon ein Weilchen her das ihr hier etwas von mir gelesen habt. Der Modellsport vereinnahmt über Frühjahr und Sommer meine komplette Freizeit.
So war ich auch Musikalisch recht untätig.

Aktuell ist aber wieder Winterpause. Und da baue ich nunmal Gitarren. Zwei habe ich schon fertig, und deren Entstehung will ich euch hier nun zeigen. Vieleicht regt es den ein oder Anderen hier ja dazu an sich auch einmal am Bau einer Gitarre zu versuchen.
Viele Werkzeuge brauchtman dazu eigentlich nicht. Ich arbeite mit einer bewusst mit dem Minimum an elektrischen Maschinen. Zum einen weil mir die Arbeit an sich Spaß macht, und zum anderen weil man weniger Gefahr läuft zu tief zu Sägen, zu Schleifen, usw.
Da mir meine Finger lieb sind, verzichte ich auch auf Bandsäge und Tischfräse/Pinrouter (letzteres hätte ich sogar hier stehen).

An elektrischen Maschinen habe ich eine Oberfräse (Parkside, Bosch-Kopie vom Aldi), eine Stichsäge, Säulenbohrmaschine und Akkuschrauber.
An Handwerkzeugen kommen Raspel und Feilen, verschiedene Hobel, Handsägen und Ziehklingen zum Einsatz. Also alles recht unspektakulär.
Zusätzlich habe ich noch nen Satz Schleifwalzen für die Bohrmaschine, verschiedene Fräser in 6mm, 12mm und 16mm (günstige ebay-Fräser für's Grobe und die Guten von Sauter für die Feinarbeiten), Metal und Holzbohrer. Alles Werkzeuge die man auch im Baumarkt bekommt.

Ich werde jeh nach Arbeitsschritt erklären welche Werkzeuge ich verwende.

Und los geht's...
Gruß, Daniel

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lemmy
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Re: Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von lemmy » Freitag 22. November 2019, 17:26

Begonnen hat die Erste - im Folgenden #12, oder Zwölf genannt - mit der Idee für einen Steg. Bzw mit dem erstöbern übrig gebliebener Teile in meiner Gruschdlkiste.
Herausgekommen ist eine Baseplate aus hochfestem Alu (7075) mit einem Rahmen aus Ovangkol.
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Ok, eigentlich muss ich doch was früher anfangen:
Der Plan sah eine Fächerbundierung nach Vorbild der Strandberg Gitarren vor. Also 648-635mm. Der Sattel ist gerade. Danach habe ich den Steg ausgelegt.

An Material für den Korpus habe ich mir einen schicken einteiligen Sumpfesche-Rohling ausgesucht.
Dazu Ahorn für den Hals und Furniere aus Makassar Ebenholz und Vogelaugenahorn.
Für das Griffbrett viel die Wahl auf Indischen Palisander.
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Als erstes habe ich das Ahornbrett in drei Streifen zu ja 60mm gesägt und mit Makassar-Furnier zu einem 5-Streifigen Rohling verleimt.
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Nachdem der Leim 24h Zeit hatte zu trocknen, habe ich die Überstände grob beigehobelt und anschließend mit einer geraden Leiste als Anschlag für das Anlauflager am Fräser bündig gefräst.
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Diese Fläche diente mir dann als Auflage in der Fräslade, um die gegenüberliegende Seite plan und parallel zu fräsen (dazu gibt's leider kein extra Bild. Ist aber die selbe Lade wie im übernächsten Bild).

Die Kopfplatte hat einen Winkel von 10°. Mit der Japansäge grob zusägen.
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Öhrchen für die Kopfplatte anleimen.
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Und in besagter Lade sauber überfräsen.
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Kopfplattenfurnier aus Vogelaugenahorn.
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Für das Fräsen der Trussrod-Nut habe ich mir eine Schablone gemacht. An die Oberfräse wird ein Anlaufring geschraubt, der in der Schablone läuft.
Mit einem 6mm Fräser wird dann die Nut gefräst.
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Dann noch die Kopfplatte grob zugesägt, Schablone drauf und bündig gefräst.
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Und dann kam der Moment wo ich mir eine Bandsäge gewünscht habe :?
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Den Hals aus dem Klotz herauszutrennen war echt schweißtreibend.
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Als nächstes stand dann noch das Schlitzen des Griffbrettes an. Der Sattel soll gerade sein. Also habe ich diesen zu erst angerissen und daran dann das Stahllineal angelegt. Zuvor habe ich auf dem Griffbrett die beiden E-Saiten aufgezeichnet. Daran richte ich das Lineal aus, denn hier sollen die Mensuren von 648mm auf der tiefen und 635mm auf der hohen Saite anliegen.
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Gesägt wird dann jeweils mit einem aufgezwungenen Klotz als Führung, und einem weiteren Klotz zum gegenhalten. So verlaufen die Schlitze nicht beim Sägen.
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Damit mir das Griffbrett beim Aufleimen nicht verrutscht, sichere ich es mit Zahnstochern.
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Und dann wird mit Titebond verleimt.
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Auch hier durfte der Leim wieder 24h trocknen.
Danach habe ich Hals und Kopfplatte noch auf endgültige Stärke gebracht.
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Das Griffbrett bekam dann noch einen Radius von 16".
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Damit waren die groben Arbeiten am Hals erledigt. Shaping und Feinarbeiten mache ich erst wenn die Halstasche gefräst ist und die Bünde drinne sind.
Mit dem Hals im aktuellen Zustand lässt es sich einfacher arbeiten.

Also geht es erstmal mit dem Korpus weiter...
Gruß, Daniel

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Re: Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von lemmy » Freitag 22. November 2019, 17:54

Der Rohling für den Korpus bekam als erstes ein Furnier aus Vogelaugenahorn aufgeleimt.
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Dann wurde der Korpus mit der Stichsäge ausgesägt und mit Schablone bündig gefräst (davon hab ich leider keine Bilder. Bei der zweiten Gitarre hab ich welche gemacht. Seht ihr dann später)

Der Fräser hinterlässt Spuren im Holz. Diese habe ich dann mit den Schleifspindeln an der Säule wieder entfernt.
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Und dann sieht alles wieder hübsch aus.
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Jetzt konnte ich die Halstasche fräsen.
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Dann blieben mir nur noch die Shapings am Korpus, den Steg zu positionieren und die Fräsungen für Pickups und das E-Fach zu machen.
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Im nächsten Schritt folgt dann das Bohren der Saitenführungen und das Shapen des Halses.
Gruß, Daniel

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Re: Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von lemmy » Freitag 22. November 2019, 18:42

Für die Bohrungen der Saitendurchführung am Steg, habe ich mir eine Bohrschablone gemacht. Damit werden zuerst die beiden äusseren Bohrungen komplett durchgebohrt. Dann von oben die 4 restlichen Bohrungen bis zur Hälfte durch, Schablone auf die Rückseite des Korpus und durchbohren bis sich die Löcher treffen.
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Auf der Rückseite hab ich dann noch für die Hülsen aufgebohrt. Mit einem 6mm Senker und Stellring als Tiefenanschlag.
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Beim Shaping des Halses hab ich eine versetzte Mittellinie aufgezeichnet. Ähnlich wie bei den Strandberg Boden Gitarren.
Mehrfach anfasen und verrunden.
Das ergab ein richtig geiles Profil. Kann man bisschen schwer beschreiben. Muss man in der Hand gehabt haben.
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Und dann wurde lackiert. Natürlich nicht ohne vorher mehrfach zu wässern und zu schleifen...
Gruß, Daniel

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Re: Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von lemmy » Freitag 22. November 2019, 18:55

Die Tonabnehmer habe ich selbst gewickelt, was mich dann noch einiges an Zeit und Nerven gekostet hat (mit Humbuckern hatte ich da bislang nicht wirklich viel Erfahrung). Mit 0,063mm Draht ging einfach nicht genug auf die Bobbins um auch nur ansatzweise über 8kOhm zu kommen. 0,050mm Draht ist schon wieder so dünn...

....hab die Drähte hin und her gemixt bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war...

Hier nochmal die Specs:
Korpus: Sumpfesche mit Vogelaugenahorn Furnier
Hals: 5-Streifig Ahorn/Makassar Ebenholz
Griffbrett: Palisander
Steg: Baseplate aus 7075 Alu, Rahmen aus Ovangkol 
Mechaniken: Kluson
Tonabnehmer: Keramik, 14kOhm am Steg, 10kOhm am Hals
1x Vol, 3-Weg CRL, 2-Weg Toggle. Letzterer schaltet den Hals PU wahlweise seriell oder parallel. 
Trussrodcover aus Makassar.
Sattel: Acrylstein 
Mensur: 648-635
Gewicht: 3,2kg

Bin total happy mit ihr. Spielt sich super, klingt wie sie soll und hängt bequem am Gurt.

Leider kommt die Lackierung und das Holz darunter nicht annähernd so geil auf den Fotos rüber wie in Natura.
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Gruß, Daniel

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Re: Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von bluesation » Freitag 22. November 2019, 19:27

Hallo Daniel,

schön wieder etwas von Dir zu hören!
Deine Bau Reportagen finde ich immer spannend und unterhaltsam, gehören für mich zu den Highlights hier, obwohl ich keine Ambitionen zum Selbstbau habe.
Goil finde ich, dass du während des Baus dir noch Zeit nimmst das alles zu dokumentieren und dann ausgiebig hier zu präsentieren. Daumen hoch.
Gruß Tom

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Re: Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von Magman » Freitag 22. November 2019, 20:56

Ich schließe mich meinem Vorredner an und ziehe meinen Hut vor deinen Fähigkeiten. Hat Spaß gemacht deinen sehr schön bebilderten Bericht zu lesen :prost:
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STOMPIN' HEAT …we are ready to rock :mosh:

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Re: Dann bau ich halt selbst...Teil 2

Beitrag von lemmy » Sonntag 24. November 2019, 21:05

Vielen Dank!

Hier noch die Zweite. Eigentlich auch nur ne RG.
Hier wollte ich mich aber daran versuchen selbst Luminlays herzustellen. Aus Leuchtpulver und Epoxidharz in Messingröhrchen gegossen. Funktioniert wunderbar.
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-Korpus Sumpfesche
-Hals Ovangkol-Ahorn-Ovangkol
-Griffbrett Palisander mit Ahorn Zwischenfurnier
-Kopfplattenfurnier aus Ahorn und Ebenholz
-Trussrodcover aus Sumpfesche
-Sattel aus Acrylstein
-Kluson HWPRB Steg 
-Kluson Locking Mechaniken 
-Extra Jumbos, 3x1,5mm
-1x Vol, 5-Way CRL, Split-Schalter
-Keramik Humbucker, 10kOhm Hals, 12kOhm Steg
-Alnico 5 Singlecoil 
-Gewicht: 3,1kg
-Mensur: 648mm
-Halsprofil: asymetrisches Soft-V

Der Hals ist ein ziemliches Pfund geworden. Ovangkol ist hart und schwer. Dieser Hals wiegt rund 100g mehr als meine üblichen Hälse aus Ahorn. In Verbindung mit dem echt leichten Body spürt man das Gewicht des Halses doch deutlich am Gurt. Die schweren Mechaniken tragen noch zusätzlich auf. Eventuell tausche ich diese bei Gelegenheit gegen Leichtere aus, um noch etwas Gewicht zu sparen. Kopflastig ist sie jedoch glücklicherweise nicht.

Die Kombination aus leichtem Korpus und schwerem/harten Hals ergibt aber einen sehr geilen Grundcharakter. Das geht schon in Richtung Semihollow. Schön holzig/kernig. Eher mildes Attack mit einem richtig geilen hohlen Snap (entschuldigt bitte die Umschreibung).
Saiten schwingen schier endlos aus.

Die Tonabnehmer transportieren mir das aber nicht gut genug. Alle Drei sind mit 0.056mm Draht gewickelt. Der Steg PU ist genau so wie er sein soll. In dieser Position mag ich Keramik HBs mit moderatem Output.
Der Hals PU ist OK. Da geht aber mehr. 
Der Mittlere SC geht leider garnicht mit dem dünnen Draht.
Werde also hier nochmal neu wickeln...

Verschaltet sind diese klassisch mit einem Fünfwegschalter. Der Kippschalter splittet die Humbucker, so das jeweils die halsseitige Spule an bleibt. Der Mittlere PU ist RWRP zu den Halsseitigen Spulen gewickelt. Also brummfrei in den Zwischenpositionen.

Das Halsprofil hat eine versetzte Mittellinie wie bei den Strandberg Gitarren. Das softe V-Profil war eher ein Experiment. Liegt aber richtig gut in der Hand.
Die "Luminlays" sind ne sehr geile Sache. Da überlege ich immo ob ich die nicht auch meinen anderen Gitarren verpasse.
Die gehen hier aber nur bis an den 17ten Bund. Ab dort wo der Hals in den Korpus übergeht habe ich sie weggelassen. Hätte man eh nicht mehr richtig gesehen. 

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Gruß, Daniel

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