tommy hat geschrieben:Ich nehme unsere Bandprobe gerne mal auf jeweils eigene Spuren (insges. 11) auf. Da der Probenraum relativ klein ist, wünschte ich mir, ihn beim Mix etwas größer "aufzublähen" (auch um die Ortbarkeit der Musiker natürlicher darstellen zu können).
Bislang hatte ich das Problem, wenn ich einen Raumhall (bspw. "large Studio") auf die Masterspur gelegt habe, der gesamte Sound sehr indifferenziert wurde. Legte ich ihn auf die einzelnen Spuren, war wieder das Raumergebnis relativ futsch.
Habe ich überhaupt eine Chance, im Liveaufnahme- (anstatt Overdubbing) Verfahren vernünftige Ergebnisse hinzubekommen oder macht mir das Übersprechen ohnehin die weitere Bearbeitung kaputt, spätestens wenn ich anfange mit Raumsimulationen zu arbeiten?
Thema "Ambient": Könnte man notfalls einen Handyrecorder dafür benutzen.....falls ja, wie sollte man ihn positionieren?
Sorry, wenn das alles sehr laienhaft rüberkommt! Ich bin wild entschlossen, mich zu verbessern!
Hallo Tommy,
es ist schwierig, aus der Entfernung zu beurteilen, wo die soundlichen Probleme liegen. Es können auch musikalische Probleme sein (vor allem im Arrangement der Mitten), soundliche Probleme (vor allem im Verhältnis Akkordinstrumente zu Gesang) und natürlich diverse tontechnische Probleme. Vielleicht kannst du mir per PN etwas zukommen lassen, dass ich die Problematik etwas besser beurteilen und helfen kann.
Bei der tontechnischen Seite ist es wichtig, zuerst einen gewissen Workflow zu verstehen und anzutrainieren (üben??!!
). Hall sollte z.B. als eigenständiger FX-Kanal angelegt werden, der dann per Post-Fader-Aux-Weg aus dem Instrumentenkanälen (Gesang ist ein Instrument) beschickt wird, um durch verschiedene Hallanteile die Tiefenstaffelung hinzubekommen. Die Voraussetzung hier ist wiederum die Wahl des geeigneten Hall-Algos, und auch dessen EQing. Und da gibt es keine festen Regeln, sondern das muss ans Stück, die Band und die Soundvorstellung angepasst werden, womit wir wieder beim Anfang dieses Posts wären....
Ingolfs Post über seinen Workflow finde ich sehr gut, auch wenn ich einen komplett anderen Workflow habe (das ist individuell verschieden)...ich arbeite zuerst auf der Stereobreite, dann kommt die Frequenz- und Tiefenstaffelung von Rhythmusgruppe (Bass, Schlagzeug) und Melodie (Gesang, Sax etc.) und erst dann kommen die Akkordinstrumente dran....Das hat den Vorteil, dass man den Mix auf die für den unbedarften Zuhörer wichtigen Kompenenten (Rhythmus und Melodie) konzentriert und die Akkordinstrumente um die Melodieführung und über dem Rhythmus plazieren kann, um den Mix durchsichtig, aber trotzdem druckvoll zu halten.
Ein kleiner Tipp: Arbeitet mit einem
Pult-Template, das ihr euch selbst erstellt. Baut euch ein virtuelles Mischpult in der DAW, mit einer entsprechenden Anzahl Kanäle in denen euer bevorzugtes EQ- und Dynamic-Plugin sitzt, vielleicht 2 Subgruppen (eine für Drums, eine für Backing-Vox), zwei FX-Spuren (eine für Schlagzeug-Plate, eine für Raumsimulator für die Band) und fertig. Seht das so an, als wäre es ein reales Pult, das ihr gekauft habt und mit dessen Ressourcen ihr beim Mischen auskommen müsst.
Diese Arbeitsweise verhindert, dass man sich in Equipmentspielereien und Rumklicken und Ausprobieren von Möglichkeiten verliert.
Hier mal ein (geringfügig größeres) Beispiel:
In allen Kanälen ist mein bevorzugter Channelstrip (Neve 88, d.h. der einer Neve VR-Konsole). In manchen auch noch ein Compressor (meistens LA 1176). Hinter den Hall-Effekten liegt ein Cambridge-EQ, um den Hall besser soundlich anpassen zu können.
Aus jeder Einzelspur der Schlagzeug-Einzelinstrumente geht ein Aux-Weg auf den FX-Kanal namens "Drum-Plate" (ein EMT140), der zur Soundmalung und NICHT zur Tiefenstaffelung dient. Die Drum-Instrumente UND die Drum-Plate gehen zusammen auf eine Subgruppe namens Drums, mit der man das gesamte Schlagzeug inkl. seinem Plate-FX lauter und leiser machen kann. Diese Gruppe beschickt per Aux-Weg auch den Hall, der für die Tiefenstaffelung verantwortlich ist (dieser heisst "Raum", die FX-Spur ganz rechts). Gitarre und Bass gehen direkt auf die Summe, beide habe ebenfalls einen Aux-Weg auf den Raum-FX. Die Vocals gehen (wie die Drums) per Aux-Weg auf ihren eigenen Soundmal-Reverb (eine EMT250). Die Vocals und ihr Soundeffekt sind dann wieder in eine Gruppe zusammengefasst, die wiederum den Tiefenstaffelungs-FX ansteuert.
Wenn ich also etwas von dieser Kapelle zu mischen/aufzunehmen habe, öffne ich dieses Pult (und fliege eventuelle wav-Files ins Projekt ein). Und ich benutze dieses Pult und nur dieses Pult und nichts anderes, d.h. ich probiere keine anderen FX oder sonstiges Geraffels, sondern nur genau das Zeug (das übrigens meine frühere Produktionsumgebung in der SAE ziemlich genau abbildet...). Und weil ich nur das Pult beutze, weiß ich auch, wie ich die (absichtlich begrenzten) Möglichkeiten dieses Pults gezielt nutzen kann...