Hier kurz meine Erfahrungen in Sachen Epiphone und Verarbeitung.
Ich hatte bereits Anfang Dezember bei Musik-Produktiv eine Epiphone Les Paul 100th Anniversary Outfit, sozusagen als kleine Freundin meiner Gibson Les Paul Custom -für alle Tage- bestellt. Die wichtigsten Spezifikationen:
Epiphone Burstbucker 2 und 3 Pickups, Push Pull Potis, 24k vergoldete Hardware, Spezielle Inlays, Grover Mechaniken, mehrteiliger Mahagoni Korpus, dünne Furnier Decke aus Ahorn. Im Prinzip also eine "aufgehübschte" Les Paul Standard Epiphone. Farbe war Natura, in meinen Augen richtig schick.
Die Gitarre, die seit Wochen als "limitierte Auflage mit Zertifkat" und "edelste Epiphone Paula" von Epihone selbst beworben wird, kam und kam nicht. Ich tröstete mich, bekanntermaßen (und zum Glück
) mit der hier schon besprochenen wunderschönen Epiphone Casino Coupé, aber schließlich hatte ich dann die 100th Anniversary über einen anderen Händler (Music Store, Köln) der sie liefern konnte, doch nochmal bestellt.
Vorletzte Woche wurde die 100th Anni dann geliefert. Offenbar außerhalb Chinas noch nie von Menschenhand berührt, fehlte das Zertifikat (na, okay, kann mann sich notfalls selber drucken
) und, viel schlimmer, der Pickupschalter war abgebrochen, dass heißt in der Mitte komplett abgeschert, ohne dass das Oberteil davon im Koffer lag. Wie das passieren konnte ist nicht nachzuvollziehen, da die Gitarre keinerlei Beschädigungen (Transport, etc.) aufwies. Es muss also ab Werk China so eingebaut worden sein
Darüber hinaus waren einige Bünde höhenmäßig nicht da, wo sie sein sollten und die Hölzer sahen bei der Gitarre auf der Rückseite und am Halsübergang ziemlich "zusammengekloppt" aus.
. Und das alles bei einem Teil, was immerhin so um die 799-819 Euro verkauft, nein, der Werbung nach, besser gesagt "vergeben" wird.
Eines war sicher: der Händler, in diesem Falle Music Store Köln (der meinen Erfahrungen nach sehr seriös ist und zudem über einen äußerst kulanten Service verfügt), hatte die Gitarre noch nie gesehen, sondern unvorsichtigerweise offenbar "ab Container" weiterverkauft.
Dass ich sie umgehend stornierte und zurück schickte war logisch. Wenn ich nicht schon zwei "Geräte" von Epiphone hätte, die im Verhältnis zum Preis sehr ansprechend verarbeitet sind und klingen, hätte ich diese Firma nie mehr angefasst. Aufgrund der ausführlichen Posts in diesem Thread über die Epiphone Bonamassa PE und deren positive Rezensionen von Euch, versuchte ich dann alternativ diese Gitarre zu bekommen. Für mich, "als Tonstudio", ist es dabei auch ganz hilfreich, sie neu zu kaufen, weil ich dann auch die 19% Vorsteuer abziehen kann. Die wunderschöne Bonamassa LP in BE hatte allerdings einen Haken: Sie war ausverkauft und nur noch aus zweiter Hand zu erwerben. Kein Wunder, bei den Spezifikationen, die sie hat.
So suchte ich dann weiter und fand dann eine andere Epi Paula, die mit ähnlicher Ausstattung, für wirklich kleines Geld, seit Anfang 2012 unverändert gebaut wird:
Mahagoni Body
Massive Triple AAA Ahorn Decke (kein Furnier!)
Original Gibson 57er Classic und Classic Plus Pickups (gesplittet)
Grover Locking Mechaniken 18:1
Switchcraft Pickup Wahlschalter
Vernünftige Verdrahtung mit 500k Marken Potis und guten Mallory-Caps
Strap Locks
und, wie die "Bonamassa" sogar den Vintage Deep Set Hals(!), verleimt.
Gewicht 4,1 Kg
Es handelt sich in diesem Falle um eine Epiphone Les Paul 1960 Tribute Plus (Baujahr 2015) in einer wirklich ansprechenden Ausführung Cherry Burst. Live und in Farbe noch viel schöner als auf den Fotos.
Am Donnerstag Abend hatte ich sie nach Rücksprache mit Abteilungsleiter Dennis bei Musik Produktiv bestellt. Er versprach mir, sich persönlich darum zu kümmern. Bereits am Sonnabendvormittag war sie schon bei mir in Berlin. Es war, wie ja auch mit Dennis so abgesprochen, deutlich zu sehen, dass diese Gitarre nicht nur aus mehreren selektiert wurde, sondern auch einen kompletten Check durch die Gitarrenwerkstatt bei Musik Produktiv erfahren hatte. Völlig frei von optischen Mängeln, waren die polierten Bünde sauber gerichtet und an den Außenseiten (falls überhaupt nötig) entgratet, der Hals gerade, die Saitenlage tief, die Pickups auf die richtige Höhe gebracht, alles bundrein, etc. pp.. Die ersten kurzen Tests der Gitarre verliefen heute sehr vielversprechend und bin gespannt wie sie klingt, wenn ich Ihr mein noch vorhandenes Faber Test-Tailpiece und eine neue ABM-Glockenmessingbrücke "übergeholfen" habe. (Dass das jetzt keine 4000-5000 Euro Gibson Les Paul Custom Shop toppen wird, ist mir klar, zumindest hoffe ich es nicht
).
Meine Meinung: Epiphone können, wenn sie wollen und dürfen, besser sein, als so manche original Gibson Les Paul der unteren Regionen. Der "Mythos Gibson" hat in letzter Zeit durch deren Massenproduktion viele Kratzer und Schrammen erhalten, die die hohen Aufpreise zur eigenen Tochter Epiphone kaum noch rechtfertigen. Quo vadis, Gibson? Aber auch bei Epiphone, der kleinen Tochter, sollte man genau ganz hinschauen oder besser, selbst zum Händler gehen, mit ihm reden und am besten gleich einen Werkstattcheck mit verhandeln. Dann kann man, so ab und an, offenbar noch ein richtiges Schnäppchen machen.
Grüße
Sven
"Singe, wem Gesang gegeben, wer's nicht kann, soll einen heben"... Heinz Erhardt