Meine neue Brent Hinds Flying V Ltd - im Vergleich mit einer Gibson Flying V
Hallo Freunde der etwas bodenständigeren Folksmusik,
nun ist sie angekommen, meine Epiphone Brent Hinds Flying V ltd., und ich möchte sie Euch in einem Vergleich mit meiner vorhandenen 2015er Gibson Flying V „limited Run forJapan Market“ (was für ein grauslicher Name) einmal kurz hier vorstellen. Der Preisaufschlag für das Gibson Original liegt, berücksichtigt man die von mir bei der Gibson gemachten Modifikationen, bei schlappen 100%.
Am Dienstagabend bei Thomann geordert, am Donnerstagmittag war sie in meinen Händen. Der Preis erschien mir, auch ohne Koffer, mit 689 Euro als günstig. Die 30 Stück dieser limitierten Serie, die Thomann für sich geordert hatte, waren innerhalb 48 Stunden weg. Nachlieferungstermin unbekannt. Die "Brent Hinds" basiert im Gegensatz zur Gibson von der Form her übrigens auf dem 1958 "Korina" - Original, also die Potis hübsch übersichtlich in Reihe und den Ausgang "Janz tief unten".
Beim ersten Auspacken schon ein durchaus positiver Eindruck. „Silver Burst“ nennt sich die ins Auge stechende Lackierung. Damit würde sich dieses Sondermodell, nicht nur wegen der nach fast 60 Jahren immer noch hinreißenden Grundform, in jedem Raumschiff auch gut als Laserkanone machen. Die epiphone-typische Poly-Lackierung ohne Fehler – hier hatten einige der ersten amerikanischen Kunden im Juni noch deutliche Kritik geäußert – das Binding, nun ja, das kann die große Schwester sicher besser. Am Body erscheint es wertig, vor allem an den Übergängen von Body zum Hals und am Übergang zum Sattel gibt es kleine Macken. Ich stufe es hier mal wohlwollend als „noch ok“ ein. Ein Vergleich der Bindings beider Gitarren war aber hier leider nicht möglich, weil: meine Gibson V hat gar keins.
Ausgangsbuchse und Pickupwahlschalter , bei Epiphone oft Problemzonen, scheinen diesmal für die Ewigkeit gemacht. Die Potiregler laufen ohne zu eiern und die 18:1 Grover Tuner sind (wie immer) sind ein Knaller: Sie drehen butterzart und stimmgenau. Den weißen Plastiksattel aus dem Hause "Billig und schnell" finde ich optisch wie haptisch richtig sch...,
(hier kommt demnächst ein hellerer Knochen ran). Die Hardware ist glanzverchromt, die Pickupkappen der Lace Tonabnehmer sind mit deren Logos verziert, damit auch alle gleich sehen, dass hier keine schnöden Gibson PU‘s am Werk sind.
Von hinten gesehen gibt es bei dem Teil oben an der Kopfplatte ein, wie ich finde gelungenes, Portrait von Brent
, sowie den stolzen Hinweis: "Made in Indonesia“.
Die Gitarre ist mit nachgewogenen knapp 3,7 Kilo für eine V nun wahrlich kein Leichtgewicht. Sie ist damit ungefähr so schwer wie meine American Standard HSS "Shawbucker" mit dem Esche-Body.Vor allem im Vergleich zu meiner Gibson Flying V erscheint sie mächtig, denn bei dieser liegen nur rückenschonende 2,7 Kilo an. Angeblich sind beide Bodies aus purem Mahagoni. Die Hälse der beiden Gitarren differieren sehr stark. Hat die Gibson einen ähnlichen Hals wie meine SG 61 Reissue, mehr so ein breites "D", kommt es bei der Brent Hinds Epi im wahrsten Sinne des Wortes knüppeldick und eher Richtung "C". Also was für richtige Männer mit richtigen Händen, eher kein Hühnerhals. Meine freche Nachbarin würde sagen: „Wie mein Mann seiner“.
. Als Besonderheit gibt es noch einen sogenannten "Kill Switch", einen Sound-Unterbrecher-Schalter am Klangpoti, den man für diesen Effekt drücken kann. Hört sich dann allerdings mehr so an, als ob jemand heftige Kabelprobleme hätte. In meinen Augen ein überflüssiges Gimmick, was sich Epiphone als "non latching push pot" sogar hat patentieren lassen. Viel Spaß beim Ausprobieren.
Jedenfalls, der dicke Hals taugt mir hervorragend, für kleinere Hände, ala Suzi Quattro, ist er aber sicherlich grenzwertig. In Richtung Body wird er übrigens kontinuierlich noch etwas dicker. Die Perlmutt - Einlagen sind sehr gelungen.
Die Brent Hinds V baut ein wenig größer und tiefer als die Gibson. In meinen Gibson Koffer passt sie jedenfalls, knapp aber sicher, nicht rein. Insgesamt macht die Gitarre auch im Vergleich zum attraktiven Gibson Leichtgewicht einen richtig soliden Eindruck für ganze Kerle, die wissen, was (oder wen) sie sich da an den Hals gehängt haben. Die Brent Hinds kam direkt ab Thomann-Übersee-Lager und noch so eingestellt, wie sie es ab Werk Indonesien wurde. Das bedeutete in diesem Falle, dass die Seiten meilenweit vom recht gelungenen Ebenholz-Griffbrett (wo haben die denn sowas her in diesen Zeiten?) und den Jumbo-Bünden entfernt waren, der Hals war überraschend gut eingestellt, die fetten Bundstäbchen selbst wirkten wie frisch geplekt.
Also, das Schutzplastik von der Hardware entfernt, die von Epi aufgezogenen Saiten in die Tonne, dem Ebenholzgriffbrett ein wenig flüssige Nahrung gegeben, die Bünde poliert, meine bewährten Elixiers rauf, die Saitenlage vernünftig eingestellt, das Teil gestimmt und dann rein in den Kemper. Erst mein Vox AC 30 clean Standard-Test-Programm und anschließend, sozusagen als Kontrastprogramm und Standortbestimmung für diese Art Gitarren das Preset Bogner Xtreme Metall. 5 Minuten gejammt. Irgendwie konnte ich plötzlich kaum noch aufhören. Was war denn das? Die Brent Hinds wieder abgestöpselt und das Original V reingesteckt. Es kam, wie es kommen musste, ich hatte es schon irgendwie geahnt. Es gab eine Riesenenttäuschung, aber völlig anders, als erwartet:
Was hatte ich nicht alles an meiner schönen Gibson Flying V geändert: güldene Neusilberkappen, 18:1 vergoldete Grovers (statt den Originalen mit 14:1 Ratio), Faber Brücke und Tailpiece. und zu dem serienmäßigen 57 Classic Hals Pickup noch einen Sheptone „Hot Rod“ für die Brücke spendiert. Der Klang, der dann dabei herauskam, war und ist richtig gut, obertonreich und fetzig. Ich liebe meine Gibson Flying V, wie der gute Martin einst im Mai seine Casino. Aber nun das:
Da kommt eine fette, kleine Billig-Schwester Namens Brent daher und klingt fast/mindestens/beinahe genauso. Und zwar ab Werk, ohne Faber Brücke und Gibson Pickups, wobei der Lace Bridge-Pickup sogar noch eine Spur aggressiver als der Sheptone zur Sache geht. Eventuell klingt die Original V ein kleines Bisschen "luftiger", viel mehr aber auch nicht. Darf eigentlich nicht sein, ist aber "leider" so. „Na, schönen guten Morgen“ würde mein alter Kumpel und Body-Builder Trainer Günne Pohl aus Berlin-Britz sagen.
Interessanterweise brachte die anschließende Montage der ABM 2506 Glockenmessing Brücke aus meiner Tribute Plus bei der Brent Hinds keine nennenswerte Steigerung an Obertönen oder Sustain, wie sonst bei allen anderen meinen Gitarren eigentlich immer. Das muss wohl irgendwie an der Saitenaufhängung der Brent Hinds liegen. Die Saiten dieser Gitarre kommen nämlich, historisch korrekt, von hinten durchs Nadelöhr bei dieser Konstruktion, ähnlich wie bei einer Strat. Die 70 Eier für die ABM kann man sich in diesem Falle also getrost sparen und lieber in einen vernünftigen Knochensattel investieren. Der schwere Mahagony-Body gibt in Verbindung mit den Laces Sustain bis zum Abwinken, die Obertöne gibts von Hause aus gratis mit dazu.
Mein Fazit: Für einen Preis von unter 700 Euro ist diese Gitarre nicht nur für alle Freunde der härteren Gangart m. E. eine klare Empfehlung. Die Grundvoraussetzungen wie Mahagony-Body und Hals, die Lace-Pickups und die Hardware sind bis auf die Ausnahme des Plastik-Sattels und das nicht immer einwandfreie Binding super. Die Lackierung, ist, bei dieser Brent Hints zumindest, ohne Makel ausgeführt. EInfach wunderschön. Mit dem Ding umgeschnallt fühlt man sich vor dem Spiegel wie einst Orion-Commander McLane, der auf die scharfen Tanzmäuse aus dem Starlight-Casino wartet. Echt spacig und zum Abheben, direkt Richtung Chroma.
Hoffentlich fallen mir dann beim Komponieren mit dieser Gitarre nicht nur die alten Peter Thomas-Melodien, sondern auch gute neue Riffs ein. Die Voraussetzungen dafür sind gitarrenseitig eigentlich da. Was aber wird nun aus dem Platzhirschen, meiner Gibson Flying V? Die behalte ich natürlich - der Mann muss ja in meinen Jahren schließlich auch ans Alter denken. Immer wieder werde ich, wenn mir die 3,7 Kilo der dicken Schwester zu sehr zusetzen, mit Freude (und sogar ohne jegliche Soundeinbußen) zum nitro-lackierten und so verführerisch nach Vanille duftenden, federleichten Original greifen...
Kinder, kann die Welt nicht manchmal schön und übersichtlich sein?
Grüße, und bis bald mal wieder, Sven