Diet hat geschrieben:das sind genau die Feinheiten, auf die ich hinaus will in diesem Thread
die Sätze würden bedeuten, wer ein neues Instrument gleicher Art zum gleichen Preis eines alten "Vintage" Exemplars kauft, der macht was falsch?
Was bringt Dich zu der Meinung?
Eine 330 bekommt man wohl wirklich neu und alt für 3500.
Wer in diesem Fall die neue kauft ist also "selbst" Schuld?
Ich habe in den letzten Jahren die Möglichkeit gehabt, viele alte Gitarren intensiv zu testen und mit bereits (aus vielen gleichartigen) selektierten richtig guten neueren Gitarren zu vergleichen. Vielfach bei mir zu Hause mit meinem Equipment in bekannter Umgebung. Es gab immer ein Vintage-Instrument, das besser klang. Bedeutet: der Ton war voll, lebendig, charaktervoll, ausgewogen über die Frequenzbereiche, füllte den Raum, klang niemals flach und dünn - egal, wie die Potis standen. Für sich gesehen gut klingende neuere Instrumente klangen
dagegen dünner, kleiner, eingeschränkter, oft charakterloser (flach, nicht so lebendig) - je nach Potistand sogar erschreckend dünner.
Die Bespielbarkeit der alten Gitarren war dabei immer mindestens gut.
Von daher ist meine
persönliche Erfahrung, dass ich für den
besten Klang immer eine alte Gitarre gefunden habe und diese vorziehen würde.
Natürlich kann ich mir auch keine 200.000 Euro Les Paul leisten, so dass ich da mit einer neueren Paula vorlieb nehmen muss. Diese sind für sich genommen sehr gute Gitarren, aber eben nicht die im direkten Vergleich bestklingenden.
Bei der ES-330 war es so, dass ein Freund eine sehr gut klingende 1967er hatte, von denen letztes Jahr diverse für unter 4.000 Euro zu haben waren. Alle in Musikgeschäften angespielten neuen Modelle (die auch bis ca. 3.800 Euro kosteten) waren dagegen relativ schwer und klangen lebloser, flacher. Besonders akustisch war der Unterschied drastisch. Auch daher rührt meine Erfahrung und letztlich Meinung, dass man bei manchen Modellen für den (fast) gleichen Preis eine besser klingende alte Gitarre bekommen kann (und nehmen sollte, da zudem i.d.R. weniger Wertverlust).
Fender Masterbuilt Gitarren sind oft tolle Instrumente, kosten neu inzwischen bis ca. 7.500 Euro. Dafür bekommt man u.U. auch bereits einen alten Player. Gibson ES-335 kosten inzwischen neu bis ca. 6.000 Euro . Dafür bekommt man 335er aus den späten Sechzigern. Ein Vergleich lohnt sich m.E..
Diet hat geschrieben:Die neue ist Dir zu teuer. Du bekommst diese Gitarre aber nun mal alt oder neu nur zu diesem Preis.
Und es ist im Grunde die gleiche Gitarre. Warum ist Dir die alte nicht zu teuer?
Vorweg: Ich suche immer die Gitarre mit dem besten Klang, die ich auch aktiv spielen kann. Die neue ist mir dann zu teuer, wenn sie schlechter klingt als eine alte Gitarre zum gleichen Preis (auch, weil die neue - sobald ich den Laden verlassen habe - erheblichen Wertverlust erleidet). Wenn eine neue 1000-Euro-Gitarre besser klingt als ein altes 10000-Euro-'Vintage-Schätzchen', dann nehme ich die neue Gitarre. Immer jeweils vorausgesetzt, dass die Bespielbarkeit gut ist.
Diet hat geschrieben:Daraus könnte man den Schluß ziehen:
- Die Vintage Gitarre ist per se besser bzw. Vintage Gitarre an sich ist besser als neu.
Nein, den Schluß ziehe ich nicht per se, sondern es ist nur meine persönliche Erfahrung für die Modelle, die mich interessierten (ES, Junior, Strat, Tele, LP). Nicht jeder hat zudem die Testmöglichkeiten, wie ich sie glücklicherweise hatte/habe.
Diet hat geschrieben:Also wie kommst Du zu so einer Aussage?
Lieber vintage kaufen, weil es eben vintage ist?
Nein, eine Schrottgitarre ist eine Schrottgitarre. Was da teilweise für Preise aufgerufen werden, nur weil es alt und vermeintlich selten ist, geht ins Lächerliche. Sicher, die Anbieter spekulieren oft auf Unkenntnis und wahrscheinlich auch die Gier der Käufer, ein sich wertsteigerndes Schnäppchen zu bekommen.
Und, auch wenn es etablierte Marktpreise (Anzeigen, Ebay, Price Guides) gibt, kaufe ich deswegen noch lange keine mäßig bespielbare, unspektakulär-mittelmäßig klingende Vintage-Gitarre beim großen Vintage-Händler zu eben diesem Marktpreis, nur weil es vielleicht das einzige gerade verfügbare Instrument dieses Modells am Markt ist.
Z.B. bei manchen Gretsch-Modellen tue ich mich schwer, eine alte Gitarre zu kaufen, auch wenn diese besser klingt als eine neue. Die Bespielbarkeit hält mich davon ab.
Diet hat geschrieben:Spielt Wertverlust da eine Rolle? Die Alte wird nicht mehr billiger, im Gegenteil, das ist wohl ein Argument. Aber sonst?
Man bekommt für das gleiche Geld etwas neues, ungebrauchtes... und in ein paar Jahren ist die neue auch alt.
In der Tat haben alte und auch gebrauchte Gitarren ihren Wertverlust bereits hinter sich und befinden sich u.U. sogar in einer wertsteigernden Phase. Es gibt ja Faustregeln á la "Neupreis - 25, 30, 40, 50 Prozent (je nach Hersteller)", aber da könnten die aktuelle Hochpreispolitik von Gibson und Fender (und der schwache Euro) sowie generell steigende Neupreise bewirken, dass man für seine z.B. 10 Jahre alte Les Paul/Strat/Tele etc. inzwischen sogar den damaligen Neupreis bekommt. Als Verkäufer bekomme ich deswegen heute vermutlich mehr für Gitarren aus den letzten Jahren als noch vor ein, zwei Jahren.
Letztlich hängt es auch vom eigenen finanziellen Spielraum ab. Ich klinge auch gut mit 500-Euro-Gitarren, die zudem oft top bespielbar sind.
Aber Klang, Vibe (das viel zitierte Mojo) und oft auch die Bespielbarkeit (wobei ein toller Klang ja neben dem Hals auch zu besserer Bespielbarkeit führt) von alten Gitarren erhöhen den Spielspaß spürbar, so dass ich nachvollziehen kann, wenn Spieler Vintage-Gitarre bevorzugen.