Das ist ein hochinteressantes, aber auch komplexes Thema und natürlich mit unheimlich vielen Fragen des persönlichen Geschmacks verbunden.
Ich versuche trotzdem mal, einen noch hoffentlich sinnvollen Beitrag zu leisten:
Als ich in den 90iger Jahren angefangen habe Gitarre zu spielen, habe ich auf allen Gitarrentypen, alle Arten der Spieltechnik gespielt. Mir war das relativ egal, ob ich eine E-Gitarre, eine Klassikgitarre mit Nylonsaiten oder eine Steelstring-Acoustic in Händen hielt.
Offene Akkorde auf der E-Gitarre, Powerchords auf der Steelstring, Blueslicks auf der Klassikgitarre. Ich habe das gespielt, was gerade ging, auf dem Instrument, was ich zum jeweiligen Zeitpunkt hatte.
Ich habe zu dem Zeitpunkt nie darüber nachgedacht, welcher Spielstil oder welche Art von Musik zu welcher Gitarrenart passen könnte.
Meine Lehrer haben das interessanterweise auch nicht.
So nach und nach habe ich aber, bewusst oder unbewusst festgestellt, dass jede Instrumentenart eine besondere spieltechnische Zuwendung benötigt oder zumindest, dass es von Vorteil sein kann, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Mittlerweile hatte ich auch entsprechende Lehrer, die auf solche Sachen geachtet haben oder zumindest darüber "philosophierten".
Irgendwann wuchs in mir die Erkenntnis, dass man zwar "Alles" auf "jedem" instrument spielen kann, aber es dabei auf das "Wie" ankommt.
Es ist schwierig, das in blumige Worte zu fasssen, aber ich persönlich liebe es, offene Akkorde auf der E-Gitarre zu spielen, aber ich tue das dann, in einer völlig anderen Art und Weise.
Ein schöner "harfenartiger" locker und "breit" gespielter Akkord auf die "eins" im Takt kann wunderbar klingen. Dann kann man ihn vieleicht noch mit Einzelsaiten rhythmisch sinnvoll (!) umspielen. Für den Aussenstehenden mag das dann aussehen, als würde ich "nur" einen Akkord spielen, aber für mich ist es "gefühlt" ein anderes Spielen.
Ich stelle mich heutzutage bewusst um, wenn ich von der elektrischen zur akustischen Gitarre wechsel und/oder umgekehrt.
Auch Powerchords spiele ich bewusst anders auf eine Stahlsaiten Akustik, als auf einer E-Gitarre.
Der Anschlag ist lockerer, irgendwie "federnder" und weniger kontrolliert.
Wie gesagt: Schwierig zu beschreiben...
Im Bandkontext hilft ein "weniger ist mehr" tatsächlich sehr oft, wobei ich das auch oft auf den rhythmischen Inhalt beziehe. Wenn man schon einen kompletten Akkord spielt, der ja schon sehr viel tonalen Output bringt, kann es zusätzlich durch ein "Zuviel" an Anschlägen nochmal zu Kuddelmuddel kommen.
Generell denke ich, dass man die offenen Akkorde nicht aus dem E-Gitarrenspiel aussparen sollte, denn sie bereichern das Spiel ungemein.
Aber man sollte sie eben etwas anders spielen...