Jau, Doc Brown bietet uns ein weiteres Mal einen Ritt zurück in die 80er im Delorean an, denn beim vorliegenden The Sidescroller handelt es sich laut Hersteller Parasit Studio um ein videospieleskes Octave Up-, Down- und Puls-Modulations-Fuzz, das uns typische 8bit-Atari-, bzw. C64-Klänge aus der Gitarre zaubert.
Im direkten Vergleich mit dem unlängst hier https://gitarrenbu.de/viewtopic.php?f=15&t=4428 vorgestellten Arcadiator aus gleichem Hause, der ob der Klangbeschreibung nahe liegt, kommt der Sidescroller - dessen Name sich übrigens von den klassischen 2D-Games ableitet, deren Spielwelten üblicherweise von rechts nach links über den Bildschirm "scrollen" -, mit weniger Kontrollelementen aus, hat einen anderen Modulationspuls und nutzt andere Methoden der Klangformung, die manchen Menschen laut Hersteller einfach besser gefallen als beim umfangreicheren großen Bruder.
Doch bevor wir diesen Angaben ganz genau auf den Zahn fühlen wollen, eine kurze äußere Beschreibung: Es gibt In, Out, einen 9V-Anschluss, einen On/Off-Switch, eine Status-Kontrolleuchte und eine weitere stirnseitig, die stets und immer die Geschwindigkeit des LFO anzeigt. Diese wird per Poti eingestellt (Rate), ebenso das Mischungsverhältnis von Oktave und Modulationspuls (Blend); Width kontrolliert Pulsweite und -tiefe der Modulation und Level die Gesamtlautstärke. Bleiben noch die beiden Toggle-Switches, von denen der linke zwischen Unisono und Octave Up und der rechte über den On/Off-Status des LFO entscheidet.
Auch The Sidescroller kann sowohl als fertig aufgebautes Pedal (derzeit nicht erhältlich), als reine Platine nebst Partsliste (10€) und Bausatz bei Das Musikding (ab 30€, https://www.musikding.de/The-Sidescroller-Bausatz ) erworben werden; bei dem mir vorliegenden Exemplar handelt es sich um einen Musikding-Eigenbau, dem der überaus zuvorkommende Vorbesitzer das Planet Express-Logo aus der US-Serie "Futurama" verpasst hat, was mir als großer Freund der Show über alle Maßen gut gefällt!
Also ab in den Weltraum: Meine ersten beiden Eindrücke sind Ist das im Vergleich zum Arcadiator einfach zu bedienen! und Das Tracking ist dank höherem Sustain besser, schneller, tighter!
Dafür sind dann aber auch die Möglichkeiten eingeschränkter, was immer noch eine ordentliche Bandbreite an genretypischen Klängen bedeutet; von One-Trick-Pony ist man hier noch meilenweit entfernt.
Doch klopfen wir El Geräto erst einmal auf die eingangs erwähnten Behauptungen ab: Der andere Modulationspuls stimmt schon mal! Dieser klingt tatsächlich eigen und ist im Bass deutlich prominenter als im Diskant; je höher der Ton, desto weniger Puls. Das ist subtiler, weniger aufdringlich als beim Arcadiator und entspricht tatsächlich einem anderen Geschmack, so wie Cocktail- und Kräterdressing zwar beides Salatsaucen sind, aber dann doch ziemlich unterschiedlich schmecken.
Und das gilt fürs Klangbild ganz allgemein; mit meinem Arcadiator MK 1.1 gibt es nur wenig tatsächliche Schnittmenge, das mich natürlich freut. Der Fairness halber: Das soll beim aktuellen 3er Arcadiator aber anders sein, was ich nicht beurteilen kann.
Ist Letztgenannter im Prinzip erst ab dem 12. Bund verlässlich in der Tonformung, gilt das für The Sidescroller so nicht unbedingt; mit hoher Oktave ist es sogar noch besser. Die mich hier auch eher überzeugt als beim Big Brother; der kann besser "unten rum". Ob das jetzt Vor- oder Nachteile sind, hängt von Intention wie Einstellung des Gitarristen ab.
Die "Methoden der anderen Tonformung" kann ich also ebenso vollumfänglich bestätigen; es fühlt sich anders an und klingt auch abweichend.
Jetzt kommt natürlich der olle Kierkegaard aus dem Grab gekrochen und fragt gezielt nach dem Vergleich der beiden Parasit Studio-Aggregate, wohl wissend, das dies immer der Anfang der Unzufriedenheit ist. Ätsch, lieber Søren, da ich beide habe, ist das für mich kein Thema. Und wer sich fragt, welches das bessere für ihn ist, der ist bei You Tube bestens aufgehoben, denn da kann man beide ganz in Ruhe vergleichshören.
Doch zurück zum Klang: Der Sidescroller gefällt mir ohne LFO tatsächlich besser als mit, zumal er so noch einmal besser tiefe Tonlagen erkennt sowie "glitchy" wird, auf dass sich die Töne schön ineinander verschränken; das ist beim großen Bruder genau umgekehrt und zeigt ein weiteres Mal, wie sehr die sich nicht in die Quere kommen, obgleich sie im selben Teich fischen.
Was nicht heißen soll, dass die Modulation hier unbrauchbar wäre; sie ist lediglich dezenter, "weniger Arpeggiator" und interaktiv mit der Tonhöhe. Mit dem Blend-Regler, der grundsätzlich ja schon mal zwei unterschiedliche Klangfarben und deren Mischsounds bietet, kann man hier in beide Richtungen entsprechend nachjustieren.
Ebenso mit Width, von dem ich zunächst dachte, dass er das Fuzz beeinflusst; tatsächlich ist es die LFO-Modulation, wie man mit Hilfe des Blend-Reglers überprüfen kann. Dieses Poti bietet mehr oder minder subtile EQ-Verschiebungen im Mittenbereich.
Kleiner Satz, wichtige Aussage: Der Arcadiator ist für mich mehr Pac Man und Super Mario, der Sidescroller eher Commando und C64; daher auch die Wahl des Soundtracks für dieses Review.
Fazit: 8bit-C64/Atari-Spielkonsolen-Sounds der 80er bietet The Sidewinder von Parasit Studio. Wer auf dergleichen steht, findet hier eine coole Geschmackrichtung vor, die sowohl zum Erst- wie Zweitgerät taugt. Das PLV von Platine und Bausatz ist bombastisch!
Lieben Gruß,
Batz.
